11.04.2023
Betriebsratswahl bei Porsche: Wurde wirksam angefochten
Das Arbeitsgericht (ArbG) Stuttgart hat die Betriebsratswahl vom 18.03.2022 beim Autobauer Porsche für unwirksam erklärt. Die Wahl habe gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen.
Bei der Wahl des 41-köpfigen Betriebsrats waren insgesamt 10.884 Stimmen abgegeben worden. Im März 2022 hatte eine gemeinsame Betriebsratswahl in den Betrieben Zuffenhausen, Ludwigsburg und Sachsenheim stattgefunden – mit Wahlbeteiligung der 102 Mitarbeitern am Standort Leipzig.
Mehrere wahlberechtigte Arbeitnehmer hatten beim ArbG Stuttgart beantragt, die Betriebsratswahl vom 18.03.2022 für unwirksam zu erklären. Dem ist das ArbG nachgekommen. Die Wahl habe unter Verkennung des so genannten Betriebsbegriffs stattgefunden, was einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) darstelle. An der Wahl hätten die Arbeitnehmer am Standort Leipzig nicht teilnehmen dürfen. Dieser Fehler habe sich auch auf das Wahlergebnis ausgewirkt, so das ArbG.
Durch den Haustarifvertrag aus dem Jahr 2013 habe keine wirksame Einbeziehung des Standortes Leipzig in die Zuständigkeit des Betriebsrats Zuffenhausen/Ludwigsburg/Sachsenheim erfolgen können. Das BetrVG ermögliche zwar in § 3 Absatz 1 Nr. 3, durch Tarifvertrag vom Gesetz abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen zu bestimmen. Die Tarifvertragsparteien könnten jedoch über die gesetzlichen Arbeitnehmervertretungsstrukturen nicht frei disponieren.
Das BetrVG gehe von dem Grundsatz aus, dass weit auseinanderliegende Betriebe einen eigenen Betriebsrat wählen. Die tarifvertraglich vereinbarte Struktur müsse daher zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen "besser geeignet" sein als die gesetzliche. Dies sei vorliegend nicht ersichtlich. So sei die Ausübung der Mitbestimmungsrechte durch einen eigenen Betriebsrat vor Ort in Leipzig besser und effektiver gewährleistet als bei einem Betriebsrat, der über 450 Kilometer entfernt ist.
Eine andere Wertung ergibt sich nach Ansicht des ArbG auch nicht durch die Möglichkeit der Nutzung moderner Kommunikationsmittel wie zum Beispiel Videokonferenzen. Der Argumentation der Arbeitgeberseite, wegen der standortübergreifenden Entscheidungsstruktur sei die Interessenvertretung der Belegschaft am Standort Leipzig durch die tarifvertragliche Regelung wirkungsvoller als in einem eigenen Betriebsratsgremium in Leipzig, folgte das Gericht nicht. Ebenso wenig überzeugte es der Verweis auf eine größere Durchsetzungsmacht eines gemeinsamen Betriebsrats.
Das ArbG wies nochmals darauf hin, dass sich die Verdachtsmomente für eine Manipulation bei der Wahl nicht bestätigt hätten. Eine deshalb vom ArbG angeregte gütliche Einigung sei von den zuletzt verbliebenen Antragstellern abgelehnt worden.
Arbeitgeber und Betriebsrat könnten gegen die Entscheidung beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschwerde einreichen.
Arbeitsgericht Stuttgart, Entscheidung vom 06.04.2023, 21 BV 54/22, nicht rechtskräftig