22.03.2023
Bayerns Mindestabstandsgebot zwischen Wettvermittlungsstellen und Schulen: Voraussichtlich unionsrechtswidrig
Die in Bayern geltende Glücksspielregelung, nach der zwischen Wettvermittlungsstellen und Schulen ein Mindestabstand von 250 Metern liegen muss, ist voraussichtlich unionsrechtswidrig. Dies meint der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München. Er verweist auf das Fehlen eines entsprechenden Gebots für Spielhallen. Da diese ein ähnliches Gefährdungs- und Suchtpotenzial wie Wettvermittlungsstellen aufwiesen, verstoße dies gegen die Dienstleistungsfreiheit.
Einem Unternehmen wurde von der Regierung von Niederbayern sofort vollziehbar untersagt, eine Wettvermittlungsstelle in circa 65 Metern Entfernung zu einer weiterführenden Schule zu betreiben. Begründet wurde dies mit einem Verstoß gegen die landesrechtliche Glücksspielregelung, die einen Mindestabstand von 250 Metern zu Schulen und anderen ähnlichen Einrichtungen vorsieht. Der dagegen gerichtete Eilantrag blieb beim Verwaltungsgericht (VG) Regensburg ohne Erfolg.
Der VGH hat den Beschluss des VG abgeändert und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Untersagung der Sportwettvermittlung angeordnet. Das Mindestabstandsgebot sei zwar grundsätzlich geeignet, die Verwirklichung des mit ihm verfolgten Ziels des Jugend- und Spielerschutzes zu gewährleisten. Denn es trage dazu bei, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern.
Es verletze jedoch voraussichtlich die europarechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit, weil für Spielhallen und ähnliche Betriebe mit Geldspielgeräten trotz vergleichbarer Außenwirkung auf schutzwürdige Personen keine entsprechenden Vorgaben bestünden. Das Gefährdungs- und Suchtpotenzial von Geldspielgeräten sei nach wissenschaftlichen Untersuchungen als mindestens ebenso hoch wie das von Sportwetten anzusehen. Es liege ein Verstoß gegen das europarechtliche Kohärenzgebot vor, wonach Regelungen, die die Glücksspieltätigkeit einschränken, nicht durch eine gegenläufige Politik in anderen Glücksspielbereichen mit einem gleich hohen oder höheren Suchtpotenzial unterlaufen werden dürfen. Die landesrechtliche Regelung, die in Bayern ein Mindestabstandsgebot von 250 Metern vorsehe, müsse deshalb wegen des Vorrangs des Unionsrechts unangewendet bleiben.
Gegen den Beschluss des VGH gibt es kein Rechtsmittel.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2023, 23 CS 22.2677, unanfechtbar