21.03.2023
Gesetzliche Unfallversicherung: Greift nicht bei Prügelei wegen zugeparkter Betriebseinfahrt
Kommt es wegen einer zugeparkten Betriebseinfahrt zu einer Schlägerei, so stellen sich deren Folgen nicht als versicherter Arbeitsunfall dar. Dies hat das Sozialgericht (SG) Berlin entschieden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Berufung eingelegt werden.
Als der Kläger, ein Bauleiter, mit seinem Kfz von einem beruflichen Termin zurückkehrte, versperrte ein Lkw die Zufahrt zum Betriebsgelände. Weil der Lkw-Fahrer sich trotz Aufforderung weigerte, den Lkw wegzufahren, ließ der Kläger seinen Pkw vor dem Gelände stehen und betrat dieses zu Fuß. Als er kurze Zeit wieder zu seinem Wagen zurückkam, um einen weiteren betrieblichen Termin wahrzunehmen, kam es zu einem Wortwechsel, bei dem der Lkw-Fahrer den Kläger als "egoistisches Arschloch" beschimpfte. Der Kläger, der im Begriff gewesen war, in sein Auto zu steigen, schlug die Wagentür wieder zu und ging zu dem Zeugen, um "die Sache auszudiskutieren". Es kam zu einem Streit, bei dem der Lkw-Fahrer dem Kläger ins Gesicht schlug. Der Kläger musste wegen einer Mittelgesichtsfraktur operiert werden.
Die beklagte Unfallversicherung erkannte den Vorfall nicht als Arbeitsunfall an. Das SG sah dies nach Vernehmung des am Vorfall beteiligten Lkw-Fahrers genauso. Zwar habe sich der Kläger auf einem an sich versicherten Betriebsweg befunden, als er vom Betriebsgelände wieder zu seinem Auto ging. Er habe diesen Betriebsweg jedoch wieder verlassen, als er die Wagentür nach den Beleidigungen des Lkw-Fahrers noch einmal schloss, um die Angelegenheit auszudiskutieren. Darin liege eine Zäsur. Ab diesem Moment habe das Handeln des Klägers privaten Zwecken gedient, nämlich dem Zur-Rede-Stellen des Lkw-Fahrers. Während dieser Unterbrechung des Betriebsweges habe kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestanden. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass insbesondere das Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf Betriebswegen nicht der betrieblichen Tätigkeit diene und etwaige hieraus resultierende Verletzungen unabhängig vom Verschulden dem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien.
Sozialgericht Berlin, Urteil vom 16.02.2023, S 98 U 50/21, nicht rechtskräftig