16.03.2023
Berliner Bergmannstraße: Verkehrsberuhigung ist rechtmäßig
Die im Juli 2021 zur Verkehrsberuhigung in der Bergmannstraße in Berlin-Kreuzberg getroffenen straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen sind rechtmäßig. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden. In der Bergmannstraße war zwischen Nostitzstraße und Zossener Straße eine Einbahnstraße und ein Zweirichtungsradweg eingerichtet worden, auf denen ein Tempolimit von zehn Stundenkilometern gilt. Die Urteile des VG sind noch nicht rechtskräftig.
Gegen die Einbahnstraßenregelung klagt ein Anwohner der Nostitzstraße. Diese habe zu einer Zunahme des Lärms durch einen gestiegenen Liefer- und Durchgangsverkehr, vor allem in den frühen Morgenstunden, geführt. Der Beklagte habe keine hinreichenden Ermittlungen zur Feststellung einer konkreten Gefahrenlage angestellt und die Auswirkungen auf Anwohner nicht ausreichend berücksichtigt.
Das VG Berlin hat die Klage abgewiesen. Das Bezirksamt als Straßenverkehrsbehörde könne nach der Straßenverkehrsordnung die Benutzung von Straßen beschränken, wenn besondere örtliche Verhältnisse zu einer Gefahrenlage führten. Eine solche qualifizierte Gefahrenlage habe in der Bergmannstraße nach den Unfallstatistiken bestanden. Zuletzt habe die polizeiliche Unfallstatistik die Bergmannstraße als Unfallhäufungspunkt eingeordnet, an dem überproportional Radfahrende von Unfallfolgen betroffen gewesen seien (vier Schwerverletzte und 13 Leichtverletzte in den Jahren 2018 bis 2020).
Die getroffenen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung seien auch nicht ermessensfehlerhaft, so das VG. Die Behörde habe die Verkehrsentwicklung in der Nostitzstraße ausreichend berücksichtigt. Die Verkehrssicherheit habe dabei höher gewichtet werden dürfen als das Interesse des Anwohners, von Lärm durch erhöhten Verkehr am Morgen verschont zu bleiben, zumal seine Angaben zur Lärmbelastung vage geblieben seien. Die Behörde habe bei der Wahl zwischen mehreren möglichen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung eine Einschätzungsprärogative.
In einem weiteren Klageverfahren wandte sich ein Fahrradfahrer gegen das Tempolimit von zehn km/h auf dem etwa 250 Meter langen Teilstück der Bergmannstraße zwischen Nostitzstraße und Zossener Straße. Er argumentierte, dass Unfälle bereits durch den neuen Radweg vermieden würden und das Tempolimit, an das sich nahezu keiner halte, nicht notwendig sei.
Auch diese Klage wies das VG ab. Gerade die bauliche Umgestaltung der Straße, die ein zentraler Aufenthaltsort im Kiez und auch überörtlich beliebt sei, habe zu einer komplexen Gemengelage von Fuß-, Rad-, Liefer- und Durchgangsverkehr geführt. Tempo 10 schütze insbesondere die erheblich gestiegene Zahl der querenden Fußgänger. Dass Fahrradfahrer ohne die Geschwindigkeitsbeschränkung ebenso schnell führen wie bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung von zehn km/h, sei reine Spekulation und stelle die Erforderlichkeit der Maßnahme nicht infrage.
Gegen die beiden Urteile kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.
Verwaltungsgericht Berlin, Urteile vom 14.03.2023, VG 11 K 138/22 und VG 11 K 401/21, nicht rechtskräftig