07.03.2023
"Reichsbürger": Unterbringung in psychiatrischem Krankenhaus bestätigt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision eines so genannten Reichsbürgers gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Oldenburg weitgehend verworfen und damit die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen einer Wahnerkrankung gemäß § 63 Strafgesetzbuch bestätigt.
Das LG hatte den Angeklagten vom Vorwurf der versuchten Anstiftung zum Totschlag, der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten in einer Vielzahl von Fällen sowie des gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Zudem hat es mehrere im Eigentum des Angeklagten stehende Gegenstände, darunter ein Smartphone und einen Tabletcomputer, als Tatmittel eingezogen.
Der Angeklagte war davon überzeugt, das "Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force", das Hauptquartier der alliierten Streitkräfte in Nordwest- und Mitteleuropa während des Zweiten Weltkrieges ab Ende 1943, bestehe fort und sei die regierende Instanz in Deutschland. Die Existenz der Bundesrepublik Deutschland verneinte er. Er nahm an, vom früheren US-Präsidenten Trump zum "Commander" der US-Streitkräfte ernannt und mit der Ausübung von Hoheitsrechten auf deutschem Staatsgebiet beauftragt worden zu sein. Er sei berechtigt und verpflichtet, in Deutschland verbindliche Befehle zu erteilen und rechtsprechende Gewalt auszuüben. Der Angeklagte richtete im Internet Telegram-Kanäle ein, die jeweils mehrere tausend "Follower" – überwiegend aus dem Kreis anderer so genannter Reichsbürger – hatten, um auf diesem Wege Befehle zu erteilen.
Im Herbst 2021 forderte er einen gesondert Verfolgten, der sich ratsuchend an ihn gewandt hatte, mittels einer in einen seiner Telegram-Kanäle eingestellten Audionachricht dazu auf, den Bürgermeister einer norddeutschen Kleinstadt zu töten, sofern dieser sich weiterhin weigere, das "Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission" im Rathaus auszulegen. Zudem verkündete er im Internet eine Vielzahl von "Todesurteilen" gegen Personen des öffentlichen Lebens, Polizeibeamte, Justizangehörige, einen Journalisten und weitere Personen, die sich aus seiner Sicht fehlerhaft verhalten hatten, etwa weil sie für Impfungen gegen das Corona-Virus eingetreten oder gegen Angehörige der Reichsbürgerszene vorgegangen waren. Der Angeklagte erwartete, dass Gleichgesinnte, die seine Autorität anerkannten, seine "Todesurteile" vollstrecken würden.
Das LG ist – durch einen psychiatrischen Sachverständigen beraten – zu der Feststellung gelangt, dass der Angeklagte an einer Wahnerkrankung leidet und daher in schuldunfähigem Zustand handelte. Zugleich hat es angenommen, vom Angeklagten seien krankheitsbedingt in Zukunft vergleichbare, als erheblich gewertete Taten zu erwarten, weshalb er für die Allgemeinheit gefährlich sei. Es hat daher seine – unbefristete – Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt.
Die Überprüfung des Urteils durch den BGH hat, soweit es die Annahme von Schuldunfähigkeit des Angeklagten und die Anordnung seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anbelangt, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insofern hat der BGH das Rechtsmittel verworfen. Lediglich die Einziehungsentscheidung hat der BGH aufgehoben, weil das LG diese nicht rechtsfehlerfrei begründet habe. Über die Einziehung wird daher eine andere Strafkammer des LG Oldenburg neu verhandeln und entscheiden müssen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2023, 3 StR 501/22