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05.06.2025

Berliner Senat verweigert Namensliste zu Messerangriffen: Mangels hinreichender Begründung Fragerecht verletzt

Ein AfD-Abgeordneter fragte nach den 20 häufigsten Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit bei Messerangriffen. Der Berliner Senat ließ die Frage unbeantwortet. Er verwies auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen: Es bestehe ein hohes Risiko der Identifizierbarkeit zumindest einzelner Tatverdächtiger einschließlich des Risikos von Fehlidentifizierungen.

Der Abgeordnete strengte ein Organstreitverfahren an und hatte Erfolg. Der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Berlin sieht sein parlamentarisches Fragerecht aus Artikel 45 Absatz 1 der Verfassung von Berlin verletzt.

Er hält die Begründung, mit der der Senat die Herausgabe der Namen verweigert hat, für nicht tragfähig. Die Veröffentlichung von Vornamen konkreter natürlicher Personen greife zwar in das Grundrecht auf Schutz der persönlichen Daten ein, der dem parlamentarischen Auskunftsanspruch Grenzen setzen kann. Die Annahme eines relevanten Identifizierungsrisikos für konkrete Einzelpersonen erschien dem VerfGH hier jedoch nicht plausibel. Denn die 20 häufigsten Vornamen beträfen nur einen kleinen Ausschnitt aus der großen Anzahl von fast 1.200 Tatverdächtigen, deren Taten sich über den Zeitraum eines ganzen Jahres erstreckten.

Entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes war der VerfGH auf die Prüfung der vorgerichtlichen Argumente beschränkt. Auf die erst im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Erwägungen des Senats zu Missbrauchsgefahren und der Befürchtung einer pauschalen Abwertung von deutschen Staatsangehörigen mit vermeintlichem Migrationshintergrund kam es daher nicht an.

Der Senat von Berlin muss nun erneut über die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten entscheiden.

Die Entscheidung ist mit fünf zu vier Stimmen ergangen. Vier Richterinnen und Richter haben ein Sondervotum verfasst. Danach ist die Erstellung und Herausgabe einer Liste mit den häufigsten Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit dem Senat auch auf parlamentarische Anfrage hin als Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde verfassungsrechtlich verboten.

Verfassungsgerichtshof Berlin, Beschluss vom 13.05.2025, VerfGH 67/24