26.08.2024
Grundsicherung: Nicht bei Jugendarrest
Auch ein Jugendarrest führt zu einem Ausschluss von Grundsicherungsleistungen. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden und sich damit zu einer umstrittenen Rechtsfrage positioniert.
Geklagt hatte ein junger Grundsicherungsempfänger, der 2019 einen zweiwöchigen Jugendarrest antreten musste. Nachdem das Jobcenter von dem Arrest erfahren hatte, machte es für die Zeit der Inhaftierung eine Rückforderung von rund 400 Euro geltend: Während eines Freiheitsentzugs könnten keine Leistungen beansprucht werden – auch wenn es "nur" ein Jugendarrest sei.
Demgegenüber meinte der Kläger, der gesetzliche Leistungsausschluss sei in seinem Fall nicht anwendbar. Ein Jugendarrest sei keine Haftstrafe und damit kein Strafvollzug. Einige Gerichte würden seine Ansicht teilen und dabei einen rechtlich entscheidenden Unterschied machen zwischen einer Strafe und einem jugendstrafrechtlichen Zuchtmittel mit erzieherischem Charakter.
Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Das Gesetz sehe einen Leistungsausschluss für Personen vor, die sich in einer "Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung" aufhielten. Hiervon würde alle Freiheitsentziehungen in allen Rechtsbereichen erfasst. Auch ein Jugendarrest habe unterbringenden Charakter und sei daher eine Freiheitsentziehung. Zwar sei er aufgrund der Besonderheiten des Jugendstrafrechts in der Vollstreckung variabel und könne jederzeit geändert werden. Gleichwohl stelle die aktuelle Gesetzesfassung nur auf die Freiheitsentziehung als solche ab, nicht aber auf ihre Rechtsgrundlage. Der Gesetzgeber habe klarstellen wollen, dass Personen im Freiheitsentzug generell keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen hätten.
Wegen unterschiedlicher Lösungsansätze innerhalb der Rechtsprechung hat das Gericht die grundsätzliche Bedeutung festgestellt und die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.06.2024, L 11 AS 117/24