20.08.2024
"Mord ohne Leiche": Aussagegenehmigung im Prozess wird nicht erweitert
Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen hat in einem Prozess um einen Mord ohne Leiche den Eilantrag eines vor dem Landgericht (LG) Gießen Angeklagten abgelehnt, der eine erweiterte Aussagegenehmigung für einen Kriminalhauptkommissar begehrte hatte, der zur polizeilichen Vernehmung eines Informanten aussagen soll.
Vor dem LG Gießen wird gegen den Antragsteller und einen Mitangeklagten seit dem Frühjahr 2021 eine Hauptverhandlung unter anderem wegen Mordes geführt. Die Angeklagten sollen im November 2016 einen Menschen erschossen haben. Die Leiche wurde bis heute nicht gefunden und es gibt keine Zeugen für die Tat. Der Antragsteller und ein weiterer Angeklagter beschuldigen sich gegenseitig.
In der andauernden Hauptverhandlung waren dieses Jahr die Angaben eines anonymen Informanten Gegenstand der Beweisaufnahme. Dieser darf zur Wahrung seiner Anonymität aufgrund einer Entscheidung des hessischen Innenministeriums nicht als Zeuge vernommen werden. Es wurde ein Kriminalhauptkommissar vernommen, der die polizeilichen Vernehmungen des Informanten im Jahr 2021 und mit ergänzenden Fragen in diesem Jahr durchgeführt hat. Er erhielt hierzu eine Aussagegenehmigung durch das Polizeipräsidium Mittelhessen mit Einschränkungen.
Vor dem VG Gießen begehrte der Antragsteller nun eine Erweiterung der Aussagegenehmigung, damit der vernehmende Polizist weitere Antworten aus der Zeugenaussage des Informanten wiedergeben könne. Die Wiedergabe dieser Antworten stelle insbesondere keine Enttarnungsgefahr für den Informanten dar, weil dieser die fallbezogen in Rede stehenden Fragen freiwillig beantwortet habe. Der Informant habe bei der Vernehmung die Möglichkeit gehabt, Fragen nicht zu beantworten, bei denen er mögliche Rückschlüsse auf seine Identität befürchtete.
Das VG verneinte einen Anspruch auf Erteilung einer weitergehenden Aussagegenehmigung. Es komme maßgeblich darauf an, ob die Wiedergabe der Antworten eine Identitätsfeststellung des Informanten ermöglichen könnte. Das sei nicht allein aus der Perspektive des Informanten, sondern objektiv zu beurteilen. Hierbei komme der Polizeibehörde ein entsprechender Einschätzungsspielraum zu. Sie sei mit den Ermittlungen und dem Täterumfeld vertraut. Die Polizeibehörde habe angenommen, dass die Antworten auf die von dem Antragsteller benannten Fragen im Einzelnen oder durch eine Kombination eine Identifizierung des Informanten ermöglichen würden. Der Antragsteller habe nicht darlegen können, dass die Behörde hierbei von sachfremden Erwägungen ausgegangen sei.
Die Entscheidung des VG ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einlegen.
Verwaltungsgericht Gießen, Beschluss vom 14.08.2024, 5 L 2189/24.GI, nicht rechtskräftig