12.08.2024
"Abfallberater": Nicht selbstständig tätig
Das Sozialgericht (SG) Stuttgart hat die Tätigkeit eines "Abfallberaters" in einem Entsorgungsbetrieb als abhängige Beschäftigung eingeordnet.
Zwischen den Beteiligten war im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) streitig, ob der Beigeladene hinsichtlich seiner Tätigkeit für die Klägerin als "Abfallberater" der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Klägerin betrieb ein Voll-Service-Unternehmen im Bereich Entsorgungs-Management mit verschiedenen Bereichen, der Beigeladene war dort unter anderem als Abfallberater tätig. Die Klägerin und der Beigeladene schlossen einen Rahmenvertrag über Beratungsdienstleistungen für eine Tätigkeit als Berater in allen Fragen der Altpapierentsorgung. Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte fest, dass das Auftragsverhältnis als Abfallberater für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Der Beigeladene sei in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert.
Das SG wies die Klage ab. Nach § 7 Absatz 1 S. 1 SGB IV sei Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies dann der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, hänge davon ab, welche Merkmale überwögen.
Der Beigeladene sei auf dem Betriebsgelände der Klägerin tätig gewesen. Seine Aufgabe habe darin bestanden, das ankommende Rohmaterial, also vorwiegend Altpapier, aber auch Elektroabfall, mittels einer Sichtprüfung zu kontrollieren und auf Verunreinigungen zu prüfen. Nach Verarbeitung des Rohmaterials in der Kanalballenpresse sei durch den Beigeladenen eine weitere Sichtkontrolle der verarbeiteten und gepressten Ballen erfolgt. Sofern dem Beigeladenen verunreinigtes Material oder ein verunreinigtes beziehungsweise mangelhaftes Endprodukt aufgefallen sei, habe er dies dem Geschäftsführer der Klägerin mitgeteilt, der dann alles Weitere veranlasst habe.
Im Rahmen der abwägenden Gesamtbetrachtung überwögen für diese Tätigkeit die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Insbesondere das Ergebnis des Arbeitsprozesses des Beigeladenen sei täglich in den Betriebsablauf der Klägerin eingebracht worden. Er habe bei der Verwirklichung des Betriebszweckes, der Verarbeitung von Altpapier und Elektroabfall, mitgewirkt. Diese Arbeit stelle eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess der Klägerin dar, sodass der Beigeladene in deren Betriebsablauf eingegliedert gewesen sei. Diese Tätigkeit, also die Kontrolle der Rohstoffe und der Endprodukte der Klägerin, habe den Schwerpunkt der Beauftragung des Beigeladenen dargestellt. Eine beratende Tätigkeit sei hierdurch nicht entstanden.
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.
Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 12.10.2023, S 20 BA 3556/20, nicht rechtskräftig