29.07.2024
Wegen Vorfahrtsverstoßes: Fahrradfahrer haftet allein
Einem Fahrradfahrer kann die alleinige Haftung auferlegt werden, wenn er die Vorfahrt missachtet und es dadurch zum Unfall mit einem Auto kommt. Das hat das Landgericht (LG) Lübeck entschieden und Ersatzansprüche eines so verletzten Fahrradfahrers verneint.
Ein Fahrradfahrer fuhr entlang einer Landstraße auf einem Radweg, der einen Autobahnzubringer kreuzt. Der Autoverkehr hatte an dieser Stelle Vorfahrt. Dem Radfahrer kam eine Autofahrerin entgegen, die über diesen Zubringer auf die Autobahn fahren wollte. Als sich die beiden Fahrwege kreuzten, kam es zum Unfall. Der Fahrradfahrer wurde schwer verletzt.
Er verlangt von der Autofahrerin Schmerzensgeld zu einer Quote von 2/3. Er trägt vor, er habe zwar die Vorfahrt missachtet, die Autofahrerin sei aber zu schnell gefahren und habe freie Sicht gehabt. Sie hätte den Unfall also vermeiden können. Die Autofahrerin entgegnet, sie sei von der Sonne geblendet worden und habe den Radfahrer daher erst im letzten Moment gesehen und nicht mehr reagieren können.
Das LG Lübeck hat eine Haftung der Autofahrerin verneint. Es hat Zeugen befragt und ein Gutachten eines technischen Sachverständigen eingeholt. Daraus habe sich ergeben, dass die Autofahrerin nicht zu schnell, sondern eher langsam gefahren sei und keine Zeit mehr gehabt habe zu reagieren. Der Vorfahrtsverstoß durch den Fahrradfahrer wiege so schwer, dass die Betriebsgefahr auf Seiten der Autofahrerin verdrängt werde.
Landgericht Lübeck, Urteil vom 17.01.2024, 6 O 8/22, rechtskräftig