26.07.2024
Nebenberufliche ehrenamtliche Tätigkeit als Aufsichtsrat kommunaler GmbH: Steuerbefreiung erfordert keine Förderung gemeinnütziger Zwecke
Die Steuerbefreiung der Tätigkeit im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts nach § 3 Nr. 26a Einkommensteuergesetz (EStG) hat keine weiteren Voraussetzungen; sie muss insbesondere nicht gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördern. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.
Der Kläger war hauptberuflich als selbstständiger Rechtsanwalt tätig. Nebenberuflich war er ehrenamtlich Mitglied des Aufsichtsrats einer kommunalen GmbH. Dafür erhielt er eine Aufwandsentschädigung. In Streit stand, ob diese steuerfrei ist oder nicht. Vor allem stellte sich die Frage, ob, wenn eine ehrenamtlich tätige Person – wie hier – im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Sinne des § 3 Nr. 26a Alt. 1 EStG tätig ist, deren ehrenamtlich unterstützte Tätigkeit der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke dienen muss. Der BFH hat dies verneint.
Die Auslegung der Norm nach ihrem Sinn und Zweck sowie nach dem Willen des Gesetzgebers ergebe, dass sich der Satzteil "zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung)" nicht auf eine Tätigkeit im Auftrag oder im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bezieht.
Der Wortlaut von § 3 Nr. 26a EStG sei im Hinblick auf den Förderzweck, den die von der Norm begünstigte Tätigkeit im Fall von § 3 Nr. 26a Satz 1 Alt. 1 EStG haben muss, auslegungsbedürftig. Der Textteil "zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung)" kann laut BFH als Beschreibung des begünstigten Tätigkeitszwecks verstanden werden, der dann auch eine Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts betreffen würde; er kann aber auch allein auf die "unter § 5 Absatz 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende(n) Einrichtung" bezogen werden.
Mit dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007, mit dem § 3 Nr. 26a EStG eingeführt worden sei, habe der Gesetzgeber gezielt das "bürgerschaftliche" beziehungsweise "ehrenamtliche" Engagement stärken wollen (BT-Drs. 16/5926, S. 1 f.). Eine Auslegung, wonach auch die Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke erfolgen muss, wäre zur Umsetzung dieses Gesetzeszwecks nicht geeignet, so der BFH. Denn die in § 5 Absatz 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) beziehungsweise §§ 51 ff. Abgabenordnung verankerte Unterscheidung zwischen ideellen Bereichen einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden Einrichtung und nicht begünstigten Bereichen entspreche nicht der Struktur einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.
Dies zeigt sich laut BFH insbesondere daran, dass schon die Frage, ob die öffentliche Hand generell "gemeinnützigkeitsunfähig" ist, uneinheitlich beantwortet wird. Es sei angesichts des vom Gesetzgeber breit angelegten Anwendungsbereichs im Hinblick auf die begünstigungsfähigen Tätigkeiten nicht ersichtlich, dass er die Gewährung der Steuerbefreiung für Tätigkeiten im Auftrag oder im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts von einer solchen Zusatzprüfung abhängig machen wollte.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.05.2024, VIII R 9/21