01.07.2024
Steuerpläne der Union: Koalition stellt sich dagegen
Mit Steuersenkungen, Vereinfachungen im Steuerrecht und Entbürokratisierung will die CDU/CSU-Fraktion das Wachstum der deutschen Wirtschaft stärken. So soll ab 2025 unter anderem schrittweise die Steuerbelastung für thesaurierte Gewinne auf 25 Prozent abgesenkt werden, wird in einem Antrag (BT-Drs. 20/11954) gefordert, der am 28.06.2024 erstmals beraten wurde. Im Anschluss der Debatte wurde der Antrag an den federführenden Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.
Der CDU-Abgeordnete Fritz Güntzler erklärte in der Debatte, im dritten Jahr der Ampelkoalition stecke Deutschland in einer tiefen Krise. Das Land sei konjunkturelles Schlusslicht. Die Weltwirtschaft wachse um rund drei Prozent, in Deutschland liege das Wachstum bei nur 0,3 Prozent. Die Zahl der Firmenzusammenbrüche liege auf einem Höchststand, die Industrieproduktion sei rückläufig: "Das können wir uns schlicht nicht leisten."
Nur eine florierende Wirtschaft schaffe Spielräume zum Verteilen, so der Abgeordnete. Bei Steuereinnahmen von mehr als einer Billion Euro seien Spielräume für Senkungen vorhanden. Auch der CSU-Abgeordnete Sebastian Brehm forderte: "Wenn Sie die Steuern nicht senken, wird der Verfall des Arbeitsplatzstandorts weitergehen."
Parsa Marvi (SPD) entgegnete, die Forderungen der Union seien nicht zukunftsgerichtet und setzten auf das Prinzip Gießkanne und Hoffnung. Einen seriösen Vorschlag für die Gegenfinanzierung gebe es nicht.
Beim Solidaritätszuschlag seien 90 Prozent der Steuerzahler schon entlastet würden. Die zehn Prozent Großverdiener sollten weiterhin ihren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten, sagte der Sozialdemokrat.
Klaus Stöber (AfD) erinnerte an den Kapitalabfluss aus Deutschland: "Immer mehr Unternehmen verlassen Deutschland." Er wies auf Betriebsverlagerungen von Miele, Bosch und BASF hin. Die Steuersätze und Energiepreise seien zu hoch, das Internet sei zu schlecht. Hinzu komme der Fachkräftemangel.
Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, die Koalition mache schon die ganze Zeit Politik für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Wettbewerbsfähigkeit sei gestärkt worden. Zum Beispiel habe man sich in der Energieversorgung von russischem Gas unabhängig gemacht.
Wichtig sei auch eine ausreichende Zahl von Fachkräften. Dazu sei das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen worden. Die Koalition habe allein in diesem Jahr Steuern für Menschen und Unternehmen in einem Umfang von 45 Milliarden Euro gesenkt.
Markus Herbrand (FDP) nannte die Forderungen der Union ein "Schuldeingeständnis der Antragsteller". Von Steuerreformen sei zu Regierungszeiten der Union keine Rede gewesen. Es sei vielmehr auf Konsum gesetzt worden.
Die Wirtschaft benötige Steuerentlastungen, stimmte Herbrand der Union zwar zu. Allerdings stelle sich auch die Frage, warum die Union jetzt drei Jahre mit dieser Forderung warte. Die Ampelkoalition habe in den letzten Jahren viele Maßnahmen im Steuerrecht umgesetzt, erinnerte Herbrand.
Wie Herbrand fragte auch Janine Wissler (Gruppe Die Linke), wer Deutschland bis vor drei Jahren regiert habe. Die von der Union geforderten Steuersenkungen für Reiche in Höhe von rund 30 Milliarden Euro lehne sie ab.
In ihrem Antrag fordert die CDU/CSU-Fraktion unter anderem, ab 2025 schrittweise die Steuerbelastung für thesaurierte Gewinne auf 25 Prozent abzusenken. Der Solidaritätszuschlag solle vollständig abgeschafft werden. Außerdem fordert die Unionsfraktion eine temporäre, stark degressive "Turboabschreibung". Davon verspricht sie sich "signifikante Investitionsanreize über die bestehenden Abschreibungsmöglichkeiten hinaus". Regelungen bei Verlustvorträgen und -rückträgen sollen verbessert werden.
Für einen Abbau der Bürokratie im Steuerrecht solle unter anderem die Zuständigkeit für die Gründung, für Betriebsummeldungen und Betriebsaufgaben bei einer Behörde gebündelt werden. Damit sollen Hürden besonders für Start-ups abgebaut werden. Außerdem spricht sich die Unionsfraktion für eine EU-weite Harmonisierung des Quellensteuerverfahrens und für eine Reform der Grunderwerbsteuer aus. Das Besteuerungsverfahren soll digitalisiert und die Finanzverwaltung mit moderner KI-Technologie ausgestattet werden.
Zur Begründung ihres Antrags schreibt die Unionsfraktion, der Wirtschaftsstandort Deutschland habe in den vergangenen zehn Jahren substanziell an Attraktivität verloren. Daher müsse das Steuersystem einfacher, transparenter und gerechter werden. Auch bei der Höhe der Steuerlast sei Deutschland im internationalen Vergleich längst abgehängt worden. Wettbewerbsfähige Steuern für Unternehmen ermöglichten höhere Löhne, mehr Beschäftigung und stärkeres Wachstum.
Deutscher Bundestag, PM vom 28.06.2024