27.06.2024
Posten einer Fotomontage mit SS-Symbolen: Ist strafbar
Wer in den sozialen Medien eine Fotomontage postet, auf deren einen Seite ein Polizist gezeigt wird, während die andere Seite die Darstellung eines SS-Obersturmbannführers mit entsprechenden Abzeichen enthält, macht sich damit unter verschiedenen Aspekten strafbar. Dies zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm.
Im November 2020 postete der Angeklagte eine Fotomontage auf seinem öffentlich einsehbaren Facebook-Profil, um seine kritische Meinung gegenüber der Corona-Politik der Bundesregierung zum Ausdruck zu bringen. Mit dem Text "Ich führe nur Befehle aus" stellte der Angeklagte eine von ihm im Internet gefundene Fotomontage ein, die auf der einen Seite den betroffenen Polizisten zeigt. Dieses Foto war in seiner Eigenschaft als Pressesprecher der Polizei bei einem G-20-Gipfel veröffentlicht worden. Auf der anderen Seite zeigt das Bild einen SS-Obersturmbannführer, an dessen Mütze das Totenkopfsymbol der SS und an dessen Kragen die doppelte Sig-Rune zu sehen ist.
Das Amtsgericht (AG) Paderborn verurteilte den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Beleidigung und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 Euro (insgesamt 600 Euro). Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht (LG) ihn stattdessen wegen eines Verstoßes gegen das Recht am eigenen Bild nach dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je zehn Euro (insgesamt 400 Euro) verurteilt. Die vom AG angenommenen Straftatbestände hat es aus Rechtsgründen verneint. Gegen diese Verurteilung haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.
Das OLG Hamm ist zu dem Ergebnis gekommen, dass alle drei von den Vorinstanzen in Betracht gezogenen Straftatbestände verwirklicht sind, sodass die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg hatte, die des Angeklagten nicht. Dies führte zu einer entsprechenden Änderung des Schuldspruches. Bei der verhängten Strafe blieb es, da zunächst nur der Angeklagte Berufung eingelegt hatte und damit die vom Amtsgericht verhängte Strafe nicht mehr überschritten werden konnte.
Das Totenkopfsymbol und die doppelte Sig-Rune seien Uniformabzeichen der SS-Verbände der NSDAP und damit Kennzeichen von verfassungswidrigen Organisationen, so das OLG. Eine Einschränkung des Straftatbestandes wegen der Zielrichtung der Veröffentlichung komme hier – anders als das LG angenommen habe – nicht in Betracht. Der Schutzzweck der Strafvorschrift gehe im Sinne eines kommunikativen Tabus auch dahin, solche Zeichen aus dem Bild des politischen Lebens grundsätzlich zu verbannen, damit sie sich nicht wieder einbürgern. Lediglich dann, wenn die Kennzeichen offenkundig zum Zweck der Kritik an der verbotenen Vereinigung oder ihrer Ideologie verwendet werden, müsse der Tatbestand eingeschränkt werden. Hier aber richte sich die Kritik des Angeklagten gegen die heutige Polizei, nicht gegen die SS. Hinzu komme, dass der Angeklagte mit seinem Vergleich zur heutigen Polizei das untrennbar mit der Massenvernichtung der Juden verbundene Handeln der SS relativiere und verharmlose.
Auch liege trotz der anzuerkennenden Meinungsfreiheit des Angeklagten eine strafbare Beleidigung vor. Bei der umfassenden Abwägung der Persönlichkeitsrechte des Polizisten und der Meinungsfreiheit des Angeklagten hat das OLG auch berücksichtigt, dass eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft nur erwartet werden kann, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist.
Schließlich sei auch das Recht des Polizeibeamten am eigenen Bild verletzt. Die Verwendung des Bildes sei selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn man den G-20-Gipfel als zeitgeschichtliches Ereignis ansieht. Denn allein seine Berufsausübung mache den Polizeibeamten noch nicht selbst zu einer Person der Zeitgeschichte, die die Nutzung des Bildes auch ohne Einwilligung dulden müsste.
Oberlandesgericht Hamm, PM vom 19.06.2024 zu Urteil vom 27.06.2023, 4 ORs 46/23