26.06.2024
Corona: Impfärzte haften nicht für etwaige Impfschäden
Wer nach einer Corona-Impfung einen Impfschaden geltend machen will, sollte dies nicht gegenüber dem Impfarzt machen. Denn dieser wurde hoheitlich tätig – für etwaige Schäden haftet daher gegebenenfalls ausschließlich der Staat. Das stellt das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart klar. Seinen Angaben zufolge handelt es sich um die bundesweit erste obergerichtliche Entscheidung zu dieser Thematik.
Eine Frau verlangt von ihrer Impfärztin wegen eines behaupteten Impfschadens nach der Coronaimpfung Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro. Die Impfungen waren ihr im Januar und Februar 2021 in einer Pflegeeinrichtung, in der sie als Auszubildende beschäftigt war, im Rahmen einer Impfaktion verabreicht worden. Sie wurden von einem mobilen Impfteam durchgeführt, das an ein Impfzentrum angegliedert war.
Vor den Impfungen hatte die Auszubildende jeweils ein "Aufklärungsmerkblatt zur Schutzimpfung gegen COVID-19" mit dazugehörigem Anamnesebogen erhalten. Das Merkblatt hatte sie vor der jeweiligen Impfung gelesen und ausgefüllt. Ein ärztliches Aufklärungsgespräch fand in der Folge nicht statt.
Unmittelbar im Anschluss an die zweite Impfung wurde bei eine geringgradige halbseitige Lähmung links mit geringer Gangunsicherheit diagnostiziert und der Verdacht auf eine Impfreaktion bescheinigt. Die Frau behauptet, daher dauerhaft arbeitsunfähig zu sein. Die Impfärztin habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Impfung aufgeklärt – bei einer zureichenden Aufklärung hätte sie sich aber schon gar nicht impfen lassen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da kein Aufklärungsmangel bestehe. Die Aushändigung eines Aufklärungsmerkblattes sei ausreichend, wenn dem Patienten vor der Impfung zumindest die Möglichkeit gegeben werde, weitere Fragen an den impfenden Arzt zu richten. Das OLG ging darauf gar nicht ein. Es wies die Klage ab, weil die Ärztin nicht die richtige Anspruchsgegnerin etwaiger Ansprüche sei.
Das Verimpfen von Corona-Impfstoffen im Rahmen der nationalen Impfstrategie durch hierzu Beauftragte sei als hoheitliche Tätigkeit zu qualifizieren. Denn sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung hätten die Bevölkerung im Rahmen einer breit angelegten Impfkampagne der STIKO-Empfehlung des Robert Koch-Instituts folgend aufgefordert, sich zum eigenen Schutz sowie zum Schutze der Allgemeinheit gegen Corona impfen zu lassen und etwa auf ihren Homepages oder auch mit Flyern für die Impfung geworben.
Außerdem sei im Sozialgesetzbuch V ein Rechtsanspruch auf die Corona-Schutzimpfung geschaffen worden. Zu dessen Erfüllung und zur flächendeckenden Pandemiebekämpfung durch die staatlich geförderte Impfkampagne seien zunächst von den Ländern oder im Auftrag der Länder Impfzentren eingerichtet und mobile Impfteams gebildet worden. Später hätten auch beauftragte niedergelassene Ärzte den Impfanspruch erfüllen können.
Würden Privatpersonen – wie hier die Impfärzte – hoheitlich tätig, hafte gegenüber etwaig Geschädigten aber nur der Staat.
Das OLG hat die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist möglich.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 25.06.2024, 1 U 34/23, nicht rechtskräftig