20.06.2024
Freistellung wegen Verstoß gegen Impfpflicht: Kürzerer Urlaubsanspruch
Ein Arbeitnehmer, der nach dem vormaligen § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG a.F.) der Impfpflicht unterlag, sich aber weder gegen das Coronavirus impfen ließ noch einen Immunitätsnachweis vorlegen konnte, muss hinnehmen, dass sein Arbeitgeber ihn unbezahlt freistellt und ihm deswegen nur ein anteilig kürzerer Urlaubsanspruch zusteht. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
Eine als Alltagsbegleiterin in einem Seniorenwohnheim tätige Frau hatte sich nicht gegen Corona impfen lassen und auch keinen Nachweis ihrer Immunität vorgelegt. Ihre Arbeitgeberin stellte sie daher unter Verweis auf das IfSG a.F. frei. Während der Freistellung erhielt die Arbeitnehmerin keine Vergütung von der Betreiberin des Heims. Außerdem kürzte die Arbeitgeberin den Urlaubsanspruch der Mitarbeiterin.
Diese verlangte zum einen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und zum anderen die Feststellung, dass ihr der Urlaubsanspruch ungekürzt zu gewähren ist. Die Klage blieb weitgehend erfolglos.
Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall stehe der Klägerin für den streitigen Zeitraum nicht zu, so das BAG. Auch der Feststellungsantrag auf das Bestehen des ungekürzten Urlaubsanspruchs hatte im Wesentlichen keinen Erfolg. Die Freistellung wegen Nichterfüllung der Anforderungen des § 20a IfSG a.F. rechtfertigte eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Die aufgrund dieser Freistellung nicht geleisteten Arbeitstage seien weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen.
Der Erholungszweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub beruhe nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer im Lauf des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat. Etwas anderes gilt laut BAG nur, wenn der Umstand, dass der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat, allein auf Entscheidungen des Arbeitgebers beruht. So habe es hier nicht gelegen. Denn zum einen habe die Arbeitgeberin mit der Freistellung lediglich die Regelungen des IfSG a.F. umgesetzt und zum anderen hätte die Mitarbeiterin ihre Tätigkeit bei Vorlage der vom Gesetz vorgesehenen Nachweise wieder aufnehmen können. Dass sie dies nicht tat, habe auf ihrer freien und höchstpersönlichen Entscheidung beruht, sich nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen zu lassen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.06.2024, 5 AZR 167/23