05.06.2024
Wirksame Schenkung von Sparguthaben: Sparbuch-Übergabe allein nicht ausreichend
Reicht es für eine wirksame Schenkung von Sparguthaben bei einer Bank aus, der Beschenkten die Sparbücher auszuhändigen? Nein, sagt das Landgericht (LG) Koblenz. Hinzukommen müsse, dass der Schenker mit dem Beschenkten eine Abtretung der Forderung gegen die Bank vereinbart.
Die Beklagte hat zwei Sparbücher im Besitz, die zu Sparkonten des mittlerweile verstorbenen Bruders der Beklagten bei einer Bank gehören. Abtretungserklärungen betreffend das auf den Sparkonten vorhandene Guthaben in Höhe von insgesamt 92.148,41 Euro zugunsten der Beklagten liegen bei der Bank nicht vor. Eine Schenkung wurde auch nicht notariell beurkundet.
Der Kläger begehrt im Rahmen seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker für den Nachlass des verstorbenen Bruders der Beklagten die Herausgabe dieser beiden Sparbücher an ihn. Er meint, die Sparforderungen seien mangels Abtretung an die Beklagte dem Nachlass zuzuordnen und damit auch die den Sparkonten zugehörigen Sparbücher. Eine Schenkung sei schon deshalb auszuschließen, weil die Beklagte unstreitig keine Schenkungssteuer gezahlt habe.
Die Beklagte behauptet, der Erblasser habe ihr die beiden Sparbücher übergeben und die Einlagenforderung durch Abtretung auf sie übertragen. Bei Übergabe der Sparbücher habe der Erblasser ihr erklärt, sie könne über das vorhandene Guthaben verfügen. Es habe sich um eine Schenkung gehandelt.
Das LG Koblenz hat die Klage abgewiesen, weil die Sparbücher und die sich daraus ergebenden Sparguthaben durch Schenkung in das Eigentum der Beklagten übergegangen seien.
Da kein Schenkungsversprechen in notarieller Form vorliege, sei eine mündlich vereinbarte Schenkung nur dann wirksam, wenn sie vollzogen ("bewirkt") sei. Bei beweglichen Sachen hänge in aller Regel die Wirksamkeit der Schenkung nicht von einem notariellen Vertrag ab. Denn die Schenkung eines beweglichen Gegenstandes werde durch die Übergabe sofort vollzogen.
Bei einem Sparbuch reiche die Übergabe hingegen zum Vollzug der Schenkung nicht aus. Das Sparbuch verbriefe eine Forderung gegen die Bank. Die Forderung gegen die Bank gehe nicht dadurch auf einen Dritten über, dass das Eigentum an der Urkunde auf den Dritten übertragen wird. Vielmehr stehe das Eigentum an der Schuldurkunde bei einem Sparbuch dem jeweiligen Forderungsgläubiger zu (§ 952 Absatz 1 BGB). Wer das Guthaben aus einem Sparbuch an einen Dritten übertragen möchte, müsse mithin eine Abtretung der Forderung gegen die Bank mit dem Dritten vereinbaren. Der Vollzug einer Schenkung erfordere bei einem Sparbuch mithin grundsätzlich eine Abtretungsvereinbarung zwischen dem Schenker und der beschenkten Person.
Eine solche Abtretungsvereinbarung könne sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden. Wer ein auf seinen Namen ausgestelltes Sparbuch an einen anderen mit dem Willen "das darfst Du behalten" übergebe, verbinde damit regelmäßig die Vorstellung, dass mit dieser Absprache alles geregelt sein solle, was zur Bewirkung der Zuwendung erforderlich ist. Die Rechtsprechung nehme daher in bestimmten Fällen an, dass mit der Übergabe eines Sparbuches eine konkludente (stillschweigende) Abtretungsvereinbarung zu Gunsten des Beschenkten in Betracht komme, so dass die Schenkung mit der Übergabe des Sparbuchs vollzogen sei.
Dabei komme es allerdings auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei es gefestigter Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum entspreche, dass in aller Regel in der Übergabe des Sparbuches ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Abtretung der Forderung zu sehen sei.
Die Beklagte habe vorgetragen, ihr Bruder, der Erblasser, habe ihr die beiden Sparbücher ausdrücklich mit der Erklärung übergeben, dass sie über das auf den Sparkonten vorhandene Guthaben frei verfügen könne. Sie habe zu ihrem Bruder stets ein sehr inniges Verhältnis gepflegt und er habe sie mit der Schenkung der Sparbücher finanziell fürs Alter absichern wollen, nachdem sie sich seit der Kindheit stets um ihn gekümmert habe und ihm auch bei der beruflichen Ausbildung den Vortritt gelassen habe.
In diesem Zusammenhang sei zugunsten der Beklagten zu werten, dass jegliche Anhaltspunkte dafür fehlten, dass die Beklagte den Besitz an den Sparbüchern anders als willentlich durch den Erblasser erlangt haben könnte. Nach Durchführung der Beweisaufnahme sei das Gericht zudem zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte die Sparbücher vom Erblasser mit einem entsprechenden Abtretungswillen übergeben bekommen habe.
Sofern für die Sparkonten bei der Sparkasse keine entsprechenden Abtretungserklärungen zugunsten der Beklagten hinterlegt worden sind, stehe dies einer wirksamen Schenkung nicht entgegen. Eine solche sei für eine Schenkung nicht zwingend notwendig, so der BGH.
Auch stehe der Umstand, dass der Erblasser das Guthaben nicht zu seinen Lebzeiten auf die Beklagte hat umschreiben lassen, einem entsprechenden Zuwendungswillen nicht entgegen. Anhaltspunkte dafür, dass er über das Guthaben auf den Sparkonten noch in irgendeiner Form verfügen wollte oder sich entsprechende Verfügungsmöglichkeiten vorbehalten wollte, seien nicht ersichtlich.
Die fehlende Anzeige einer entsprechenden Schenkung gegenüber dem Finanzamt könne vielerlei Gründe haben, lasse jedoch keine belastbaren Rückschlüsse darauf zu, dass die Beklagte eine Schenkung nur erfunden habe. Insoweit könne die unterbliebene Anzeige darauf zurückzuführen sein, dass der Beklagten eine entsprechende Anzeigepflicht nicht bekannt war. Die steuerrechtlichen Folgen möge sie zu tragen haben, diese ständen jedoch der Schenkung als solcher nicht entgegen.
Landgericht Koblenz, Urteil vom 14.03.2024, 3 O 457/23, nicht rechtskräftig