13.05.2024
Wirksame Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung an einen Bevollmächtigten trotz Widerrufs der Vollmacht
Ein Verwaltungsakt ist auch dann wirksam bekanntgegeben, wenn er an einen zunächst wirksam bestellten Bevollmächtigten übersandt wird, dessen Vollmacht allerdings, wie dem Finanzamt erst kurz nach der Absendung des Verwaltungsaktes angezeigt worden ist, bereits zuvor widerrufen worden war. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Die Klägerin hatte – nachdem ihr Einspruch gegen einen Steuerbescheid vom Finanzamt mit einer Einspruchsentscheidung zurückgewiesen worden war – Klage beim Finanzgericht (FG) erhoben. Das Finanzamt hatte die Einspruchsentscheidung zunächst an den ihr von der Klägerin benannten Bevollmächtigten gesandt. Dieser schickte die Einspruchsentscheidung an das Finanzamt zurück und teilte mit, seine Vollmacht sei zwischenzeitlich widerrufen worden. Daraufhin wurde die Einspruchsentscheidung zeitnah an die Klägerin gesandt, die jedoch erst Monate später selbst Klage erhob.
Ob die Klage fristgerecht erhoben und damit zulässig war, hing davon ab, ob die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an den ursprünglichen Bevollmächtigten der Klägerin wirksam war. Grundsätzlich kann die Bekanntgabe eines Steuerbescheids oder einer Einspruchsentscheidung sowohl an den Steuerpflichtigen als auch an den Bevollmächtigten erfolgen. Letzteres gilt aber nur so lange wie das Finanzamt von einer wirksamen Bevollmächtigung ausgehen darf.
FG und BFH bejahten eine wirksame Bekanntgabe an den ehemaligen Bevollmächtigten und sahen die Klage daher als unzulässig an. Die Einspruchsentscheidung sei dem Bevollmächtigten wirksam bekanntgegeben worden, da das Finanzamt nach Aktenlage bis zu der Absendung der Einspruchsentscheidung von einer wirksamen Vollmacht ausgehen durfte. Die Mitteilung des Widerrufs der Vollmacht, die erst nach der Absendung der Einspruchsentscheidung erfolgt sei, stehe dem nicht entgegen. Denn für die wirksame Bekanntgabe an den Bevollmächtigten sei nur auf den Kenntnisstand des Finanzamts zum Zeitpunkt der Absendung abzustellen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.02.2024, VI R 25/21