06.05.2024
Beseitigung freigegebenen Bauschutts aus AKW Biblis: Von Betreiberin privater Deponie zu übernehmen
Nicht gefährliche mineralische Abfälle aus dem Betrieb des ehemaligen Kernkraftwerks Biblis sind durch die Betreiberin einer nahe gelegenen, privaten Deponie zu beseitigen. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Darmstadt entschieden und damit den Eilanträgen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für den Kreis Bergstraße sowie der Betreiberin des ehemaligen Kernkraftwerks Biblis stattgegeben. Die Abfälle waren zuvor in einem spezifischen Verfahren behördlich freigegeben worden.
Eigentlich zuständig für die Entsorgung der Abfälle wäre der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für den Kreis Bergstraße, in dessen Gebiet das Kernkraftwerk Biblis liegt. Dieser verfügt jedoch über keine eigene Deponie. Mineralische Abfälle aus dem Kreis Bergstraße werden stattdessen in Anlagen Dritter entsorgt, so auch auf der in Anspruch genommenen Deponie in Büttelborn. Hinsichtlich der Abfälle aus dem Kernkraftwerk Biblis lehnte deren Betreiberin die Annahme der Abfälle jedoch ab. Daraufhin hatte das Regierungspräsidium Darmstadt sie zur Abnahme verpflichtet.
Gegen den Bescheid sind beim VG zwei Klagen anhängig. Zunächst hat die Deponiebetreiberin Klage erhoben, später auch der Eigentümer des Deponiegrundstücks. Diese Klagen entfalteten bislang aufschiebende Wirkung, da das Regierungspräsidium Darmstadt die Anordnung der sofortigen Vollziehung abgelehnt hatte. Die hiergegen gerichteten Eilanträge hat das VG positiv beschieden und die sofortige Vollziehung des Bescheids des Regierungspräsidiums angeordnet.
Das Regierungspräsidium habe den Bescheid zu Recht erlassen. Zunächst bestehe keine rechtliche Verpflichtung des Entsorgungsträgers, bundesweit nach geeigneten Deponien zu suchen, die zur Annahme der Abfälle bereit seien. Es gebe nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz auch keine Verpflichtung der Betreiberin des Kernkraftwerks Biblis, die Rückbauabfälle selbst zu entsorgen. Es seien auch keine geeigneten Entsorgungsmöglichkeiten auf Deponien der vormaligen Betreiberin des Kernkraftwerks Biblis vorhanden.
Vor allem spreche der Grundsatz der gebietsbezogenen Abfallentsorgung für eine Entsorgung der Abfälle auf der Deponie in Büttelborn. Damit solle eine wirtschaftliche und zugleich umweltschonende Abfallentsorgung ermöglicht werden, indem ein dem Wohl der Allgemeinheit abträglicher Abfallexport vermieden werde. Die Deponierung der Abfälle auf einer Deponie, die deutlich weiter vom Abfallort entfernt liege, führe durch den Transport zu deutlich mehr schädlichen Umwelteinwirkungen.
Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit aufgrund der Herkunft des Abfalls aus dem Kernkraftwerk Biblis könne ausgeschlossen werden, so das VG weiter. Voraussetzung für eine Freigabe sei stets die Einhaltung des Dosiskriteriums von zehn Mikrosievert im Jahr. Dieser Wert basiere auf dem wissenschaftlich anerkannten und international angewendeten 10-Mikrosievert-Konzept. Das bedeute, dass die noch vorhandene Radioaktivität bei der am meisten betroffenen Person – das sei bei der Deponierung der Deponiearbeiter – eine Dosis im Bereich von 10 Mikrosievert pro Jahr verursachen könne. Diese 10 Mikrosievert seien ein äußerst geringer Bruchteil der natürlichen Strahlendosis, der jede Person in Deutschland ausgesetzt sei und die im Mittel bei 2.100 Mikrosievert pro Jahr liege. Beispielhaft führte das VG aus, dass allein eine Flugzeugreise über acht Stunden in einer Höhe von zwölf Kilometern eine zusätzliche Strahlenbelastung von 40 bis 100 Mikrosievert verursache.
Verwaltungsgericht Darmstadt, Beschlüsse vom 29.04.2024, 6 L 2380/23 und 2383/23.DA, nicht rechtskräftig