25.04.2024
Marke: Erwirbt und verliert Bekanntheit schrittweise
Die Bekanntheit einer Marke wird im Allgemeinen schrittweise erworben und geht auch schrittweise verloren. Dies bestätigt das Gericht der Europäischen Union (EuG) in einem Rechtsstreit zwischen dem deutschen Unternehmen Kneipp und dem französischen Unternehmen Maison Jean Patou.
Im November 2019 hatte Kneipp beim Europäischen Markenamt (EUIPO) das Wortzeichen "Joyful by nature" als Unionsmarke angemeldet. Die angemeldete Marke erfasste vor allem kosmetische Mittel, Duftkerzen und Marketing-Dienstleistungen. Im Juli 2020 legte das Maison Jean Patou, ein französisches Unternehmen für Luxuswaren (vor allem Mode und Parfüms), Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke ein. Das EUIPO gab dem Widerspruch teilweise statt und stellte fest, dass die Marke "JOY" in einem wesentlichen Teil der EU große Wertschätzung genieße, die der Inhaber der angemeldeten Marke angesichts der Ähnlichkeit der beiden Marken in unlauterer Weise ausnutzen könnte.
Kneipp hat beim EuG Klage gegen die Entscheidung des EUIPO erhoben. Das Gericht weist diese Klage ab. Es stellt fest, dass die Marke "JOY" in einem wesentlichen Teil des Gebiets der EU, insbesondere in Frankreich, für Parfümeriewaren und Parfüms Wertschätzung genießt. Die Marke habe in der Vergangenheit einen hohen Bekanntheitsgrad erworben, der, selbst wenn man annähme, dass er über die Jahre abgebaut haben mag, noch zum Zeitpunkt der Anmeldung der angemeldeten Marke vorlag, sodass bis zu diesem Zeitpunkt eine gewisse "Restbekanntheit" überdauern konnte.
Des Weiteren äußert sich das Gericht zur Beweislast für die Bekanntheit und weist darauf hin, dass ein einige Zeit vor oder nach dem Anmeldetag der in Rede stehenden Marke erstelltes Dokument sachdienliche Hinweise enthalten kann, wenn man berücksichtigt, dass die Bekanntheit einer Marke im Allgemeinen schrittweise erworben wird. Es stellt klar, dass die gleichen Erwägungen für den Verlust einer solchen Bekanntheit gelten, die im Allgemeinen ebenfalls schrittweise verloren geht. Da keine konkreten Beweise dafür vorliegen, dass die Bekanntheit, die die ältere Marke im Lauf von vielen Jahren schrittweise erlangt hat, im letzten geprüften Jahr plötzlich verschwunden ist, sei die Marke "JOY" zum maßgeblichen Zeitpunkt noch bekannt gewesen.
Das EuG bestätigt auch, dass die ältere Marke eine ihre Eintragung rechtfertigende Unterscheidungskraft besitzt, dass sie der angemeldeten Marke ähnlich ist und dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die beiden Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Unter diesen Umständen bestehe die Gefahr, dass der Inhaber der angemeldeten Marke den Ruf der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzen könnte.
Gericht der Europäischen Union, Urteil vom 24.04.2024, T-157/23