23.04.2024
Warburg-Banker Olearius: In "Tagebuchstreit" auch vor BVerfG erfolglos
Der in den Cum-Ex-Skandal verwickelte Bankier Christian Olearius ist im Streit um die wörtliche Veröffentlichung von Aufzeichnungen aus seinen Tagebüchern auch vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unterlegen. Dieses nahm seine Verfassungsbeschwerde schon nicht zur Entscheidung an.
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hatte in einem Bericht zum Cum-Ex-Skandal wörtlich aus den Tagebüchern Olarius` zitiert. Die Tagebücher waren bei dem Banker zuvor durch die Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt worden. Durch die SZ-Veröffentlichung sah sich Olearius in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte auf Unterlassung – erfolglos. Doch das wollte der Banker nicht auf sich sitzen lassen und zog gegen das klageabweisende Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16.05.2023, VI ZR 116/22) nach Karlsruhe.
Das BVerfG entschied, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Sie genüge offensichtlich nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen. Eine Verletzung von Olearius in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz und eine Verletzung der zu seinen Gunsten bestehenden Unschuldsvermutung nach Artikel 6 Absatz 2 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) seien nicht hinreichend dargetan.
Soweit der Bankier beanstande, dass der BGH die Vorschrift des § 353d Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) nicht als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anerkannt hat, beziehungsweise, dass der BGH meint, eine etwaige Anwendung von § 353d Nr. 3 StGB als Schutzgesetz setzte für die Zuerkennung zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche jedenfalls eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen voraus, sei eine Missachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfindung durch den BGH, die dem Willkürverbot zuwiderliefe, nicht substantiiert vorgebracht. Sie sei auch nicht ersichtlich, so das BVerfG.
Zudem setze sich die Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert mit der seitens des BGH herangezogenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auseinander, der es für die Anwendung eines strafrechtlichen Veröffentlichungsverbots nach portugiesischem Recht – dessen Vergleichbarkeit mit § 353d Nr. 3 StGB Olearius dahingestellt lässt und damit für das vorliegende Verfahren hinnimmt – beanstandet hat, dass es in seiner allgemeinen und absoluten Fassung den Richter an einer Abwägung mit den durch Artikel 10 EMRK geschützten Rechten hindere.
Nach § 353d Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer amtliche Dokumente eines Strafverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.04.2024, 1 BvR 2279/23