11.04.2024
Oldtimer-Kauf: Vertraglicher Gewährleistungsausschluss hebelt Beschaffenheitsvereinbarung nicht aus
Der Verkäufer eines fast 40 Jahre alten Fahrzeugs kann sich nicht mit Erfolg auf einen vertraglich vereinbarten allgemeinen Gewährleistungsausschluss berufen, wenn er mit dem Käufer zugleich vereinbart hat, dass die in dem Fahrzeug befindliche Klimaanlage einwandfrei funktioniere, und der Käufer nunmehr Mängelrechte wegen eines Defekts der Klimaanlage geltend macht. Dies stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar.
Der Kläger erwarb vom Beklagten für 25.000 Euro einen erstmals 1981 zugelassenen Mercedes-Benz 380 SL mit einer Laufleistung von rund 150.000 km. In der Verkaufsanzeige hieß es unter anderem: "Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung". Nach dem Kauf ging die Klimaanlage kaputt. Weil der Beklagte etwaige Ansprüche zurückwies, ließ der Kläger die Klimaanlage instand setzen. Mit der Klage verlangt er vom Beklagten den Ersatz von Reparaturkosten (1.750 Euro).
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht stellte darauf ab, dass bei einem rund 40 Jahre alten Fahrzeug auch im Fall einer – hier hinsichtlich der Klimaanlage getroffenen – Beschaffenheitsvereinbarung angesichts der unvermeidlichen und teils gebrauchsunabhängigen Alterung einzelner Bauteile selbst dann, wenn es sich um einen hochwertigen und gepflegten Pkw handele, stets mit dem Auftreten von Instandsetzungsbedarf gerechnet werden.
Der BGH entschied hingegen, der Beklagte könne sich gegenüber dem hier im Streit stehenden Schadensersatzanspruch nicht mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen.
Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung sei in den Fällen einer vereinbarten Beschaffenheit ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für sonstige Mängel gelten soll. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts komme eine von diesem Grundsatz abweichende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses nicht in Betracht.
Der Umstand, dass der Beklagte nicht erst im schriftlichen Kaufvertrag, sondern bereits in seiner Internetanzeige – unmittelbar im Anschluss an die Angabe "Klimaanlage funktioniert einwandfrei" – erklärt hat, dass der Verkauf "unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung" erfolge, erlaube es nicht, den vereinbarten Gewährleistungsausschluss dahingehend zu verstehen, dass er sich auf die getroffene Beschaffenheitsvereinbarung über die (einwandfreie) Funktionsfähigkeit der Klimaanlage erstreckt. Denn gerade das – aus Sicht eines verständigen Käufers – gleichrangige Nebeneinanderstehen einer Beschaffenheitsvereinbarung einerseits und eines Ausschlusses der Sachmängelhaftung andererseits gebiete es nach der Rechtsprechung des BGH, den Gewährleistungsausschluss als beschränkt auf etwaige, hier nicht in Rede stehende Sachmängel aufzufassen, da die Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer andernfalls ohne Sinn und Wert wäre.
Insbesondere aber rechtfertigten in einem Fall, in dem – wie hier – die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugbauteils den Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung bildet, weder das (hohe) Alter des Fahrzeugs beziehungsweise des betreffenden Bauteils, noch der Umstand, dass dieses Bauteil typischerweise dem Verschleiß unterliegt, die Annahme, dass ein zugleich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss auch für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten soll. Diese Umstände (Alter des Fahrzeugs, Verschleißanfälligkeit eines Bauteils) könnten zwar für die übliche Beschaffenheit eines Gebrauchtwagens von Bedeutung sein. Sie spielten jedoch weder für die Frage einer konkret vereinbarten Beschaffenheit noch für die hier maßgebliche Frage eine Rolle, welche Reichweite ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss im Fall einer vereinbarten Beschaffenheit hat. Vielmehr finde der Grundsatz, dass ein vertraglich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss die Haftung des Verkäufers für einen auf dem Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit beruhenden Sachmangel unberührt lässt, auch dann uneingeschränkt Anwendung, wenn der Verkäufer die Funktionsfähigkeit eines Verschleißteils eines Gebrauchtwagens zugesagt hat.
Nach alledem hat der BGH das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.04.2024, VIII ZR 161/23