10.04.2024
Leibliche Väter: Stellung muss gestärkt werden
Die gesetzliche Regelung über das Recht des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für sein Kind anzufechten, ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Sie trägt dem Elterngrundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung. Diese gehörten zu den Eltern im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) und könnten sich auf das Elterngrundrecht ebenso wie die rechtlichen Eltern des Kindes berufen, so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Das Elterngrundrecht bedürfe einer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber, erläutert es. Er könne dabei — abweichend vom bisherigen Recht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) — die rechtliche Elternschaft des leiblichen Vaters neben der Mutter und dem rechtlichen Vater vorsehen. Hält er dagegen an einer Beschränkung der rechtlichen Elternschaft auf zwei Elternteile fest, müsse zugunsten des leiblichen Vaters ein hinreichend effektives Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm ermöglicht, anstelle des bisherigen rechtlichen Vaters selbst rechtlicher Vater seines Kindes zu werden.
Letzterem genüge das bisherige Recht vor allem deshalb nicht, weil es nicht erlaube, eine bestehende oder vormalige sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem leiblichen Vater sowie dessen bisherige Bemühungen um die rechtliche Vaterschaft zu berücksichtigen.
Die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärte Regelung in § 1600 Absatz 2, Absatz 3 Satz 1 BGB über die Vaterschaftsanfechtung bleibt laut BVerfG dennoch vorerst in Kraft – bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens aber bis zum 30.06.2025.
Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 09.04.2024, 1 BvR 2017/21