21.03.2024
Kombinierte Sportschwimmbad- und Saunanutzung: Kein ermäßigter Steuersatz
Ein Leistungsbündel aus Sportschwimmbad und Sauna kann sich aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers als eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung darstellen. Folge ist, dass es umsatzsteuerlich einheitlich zu behandeln ist und nicht dem ermäßigten Steuersatz für die unmittelbar mit dem Betrieb von Schwimmbädern im Zusammenhang stehenden Umsätze nach § 12 Absatz 2 Nr. 9 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegt. So das Finanzgericht (FG) Niedersachsen.
Geklagt hatte die Betreiberin eines Schwimmbads (Sportschwimmbecken und Multifunktionsbecken) und einer Sauna, die meinte, die Nutzungsmöglichkeit der Sauna stelle bei qualitativer und quantitativer Betrachtung eine Nebenleistung zur Hauptleistung, der Nutzung des Schwimmbads, dar. Daher seien sämtliche Umsätze aus Eintrittsgeldern dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Absatz 2 Nr. 9 Satz 1 UStG zu unterwerfen.
Im Streitjahr war die Nutzung der Sauna im Eintrittspreis des Schwimmbads für Einzelpersonen enthalten. Die Klägerin hat die Kombination von Schwimmbad und Sauna zu einem einheitlichen Eintrittspreis werbemäßig als besonderes Angebot besonders hervorgehoben. Im Normaltarif betrug der nicht ermäßigte Eintrittspreis bis zwei Stunden vier Euro und ab zwei Stunden acht Euro. Getrennte Eintrittsberechtigungen für Schwimmbad und Sauna konnten nicht erworben werden; auch fand keine separate Einlasskontrolle zu den jeweiligen Bereichen statt.
Umsatzsteuerrechtlich sei in der Regel jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbstständige Leistung zu betrachten, erläutert das FG. Bei einem Bündel aus Einzelleistungen sei aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz, der einheitlich zu besteuern ist.
Ein solcher einheitlicher Umsatz werde dabei für zwei Fallgruppen bejaht: Zum einen dann, wenn das Leistungsbündel aus Haupt- und Nebenleistungen besteht, wobei die Nebenleistungen das steuerliche Schicksal der Hauptleistung(en) teilten. Dabei sei eine Leistung insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Zum anderen könne sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Einzelleistungen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Das Niedersächsische FG kommt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die einheitliche Eintrittsberechtigung für die kombinierte Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads und der Sauna eine einheitliche Leistung bildet. Allerdings sei die Saunanutzung nicht als Nebenleistung zur Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads anzusehen. Aus Sicht der Durchschnittsverbraucher bestehe gerade in der Saunanutzung ein eigenständiger Zweck. Die Nutzungsmöglichkeit der Sauna sei insoweit – anders als zum Beispiel die Nutzung der Dusch- und Umkleidekabinen – kein Mittel, um die Nutzung des Schwimmbads (als etwaige Hauptleistung) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Vielmehr bildeten diese kombinierten Leistungen in Gestalt der Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads und der Sauna vorliegend eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung durch das Zusammenwirken der sportlichen Betätigung "Schwimmen" und der Erholungskomponente "Saunieren", deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dies sei aufgrund der Besonderheiten des Streitfalles insbesondere auch deshalb anzunehmen, weil sich das angebotene Gesamtpaket durch den einheitlichen, im Vergleich zu marktüblichen Preisen für eine Saunanutzung günstigen Eintrittspreis und die auf die kombinierte Nutzungsmöglichkeit bezogenen Werbemaßnahmen aus der insoweit maßgebenden Sicht des Durchschnittsverbrauchers als einheitliche Leistung darstelle.
Diese einheitliche Leistung unterliege sodann dem Regelsteuersatz und nicht der Besteuerung zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Absatz 2 Nr. 9 Satz 1 UStG. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift sei die Steuersatzermäßigung nur für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze anzuwenden, sodass die Steuersatzermäßigung ausscheide, wenn die Überlassung des Schwimmbads – wie im Streitfall – mit weiteren, nicht begünstigten Einrichtungen, die nicht Nebenleistung sind, im Rahmen einer einheitlichen Leistung erfolge.
Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 23.05.2023, 5 K 3/22, rechtskräftig