20.03.2024
Betriebsratswahl bei Porsche: Wirksam angefochten
Arbeitnehmer haben die Betriebsratswahl bei Porsche wirksam angefochten. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat entschieden, bei der Wahl sei der Betriebsbegriff verkannt worden.
Konkret geht es um die Wahl des Betriebsrats für den "Betrieb Zuffenhausen/Ludwigsburg/Sachsenheim" der Porsche AG, der Porsche Logistik GmbH und der Porsche Dienstleistungs GmbH, die im März 2022 stattgefunden hat.
Die der Betriebsratswahl zugrunde gelegte Betriebsstruktur weicht von dem Grundmodell eines Betriebs nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ab. Sie beruht unter anderem auf Führungsvereinbarungen, die die Porsche AG mit ihren Tochtergesellschaften abgeschlossen hat, und auf zwischen der Porsche AG sowie den Tochtergesellschaften mit der IG Metall abgeschlossenen Tarifverträgen. So sah unter anderem ein 2013 abgeschlossener Tarifvertrag die Ausdehnung der Zuständigkeit des Betriebsrats für den "Betrieb Zuffenhausen/Ludwigsburg/Sachsenheim" auf den Betriebsteil der Porsche Dienstleistungs GmbH in Leipzig (Gastronomie) vor.
Die Arbeitnehmer, die die Wahl angefochten haben, rügen, die Wahl habe unter Verkennung des betriebsverfassungsrechtlich zulässigen Betriebsbegriffs stattgefunden, weil der Wahlbetrieb auch auf tarifvertraglicher Grundlage nicht wie geschehen habe gebildet werden dürfen. Die Arbeitnehmer der Porsche Dienstleistungs GmbH des Standorts Leipzig hätten an der Betriebsratswahl nicht teilnehmen dürfen.
Das Arbeitsgericht (ArbG) Stuttgart hat die Betriebsratswahl mit Beschluss vom 06.04.2023 (21 BV 54/22) für unwirksam erklärt. Diese habe unter Verkennung des Betriebsbegriffs stattgefunden, was gegen wesentliche Wahlvorschriften des BetrVG verstoße. Die Arbeitnehmer der Gastronomie in Leipzig hätten an der Wahl nicht teilnehmen dürfen. Durch den Tarifvertrag aus 2013 sei der Standort Leipzig nicht wirksam in die Zuständigkeit des für den "Betrieb Zuffenhausen/Ludwigsburg/Sachsenheim" zuständigen Betriebsrats einbezogen worden.
Die Porsche AG und ihre Tochtergesellschaften sowie der Betriebsrat haben gegen die Entscheidung des ArbG Beschwerde eingelegt. Die Arbeitnehmer der Gastronomie Leipzig seien aufgrund des gemeinschaftlich geführten Betriebs und – in Übereinstimmung mit § 3 Absatz 1 Nr. 3 BetrVG – auf Grundlage des Tarifvertrags aus 2013 wirksam in die Wahl einbezogen worden. Sie seien auch in der Wählerliste aufgeführt gewesen, gegen die innerhalb der einschlägigen Fristen vor der Wahl kein Einspruch erhoben worden sei. Die zudem diskutierte etwaige Unvollständigkeit der Tarifverträge, mit denen der Wahlbetrieb in seiner Gesamtheit gebildet worden sei, sei zumindest durch einen weiteren, im Jahr 2024 geschlossenen Bestätigungstarifvertrag aller drei Unternehmen und der IG Metall mit Rückwirkung auf den Wahlzeitpunkt behoben worden.
Das LAG hat die Beschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberinnen zurückgewiesen. Das LAG stimmt dem ArbG darin zu, dass bei der Wahl der Betriebsbegriff verkannt worden ist. Solle eine betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit im Sinne des § 3 Absatz 1 Nr. 3 BetrVG als Basis einer "anderen Arbeitnehmervertretungsstruktur" gebildet werden und als Betrieb gelten (§ 3 Absatz 5 BetrVG), müssten sämtliche an der betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit beteiligten Unternehmen dies dementsprechend tarifvertraglich vereinbaren. Hier aber hätten nicht alle beteiligten Arbeitgeberinnen solche tarifvertraglichen Vereinbarungen abgeschlossen. Der nachträglich im Jahr 2024 geschlossene weitere Tarifvertrag habe das nicht mit Rückwirkung auf den Wahlzeitpunkt des Jahres 2022 reparieren können.
Die Anfechtung wegen Verkennung des Betriebsbegriffs sei auch keine auf die Unrichtigkeit der Wählerliste gestützte Anfechtung. Die Versäumung der einschlägigen Fristen für einen Einspruch gegen die Wählerliste sei deshalb ohne Relevanz. Wegen der zuletzt genannten Rechtsfrage wurde die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.03.2024, 15 TaBV 2/23