08.03.2024
Schaden bereits aufgezehrt: Dieselklage erfolglos
Im Streit um Schadensersatz wegen behaupteter Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen hat das Amtsgericht (AG) München eine Klage gegen einen Automobilhersteller auf Zahlung von 2.175 Euro abgewiesen. Der von der Pkw-Käuferin geltend gemachte Schaden sei bereits aufgezehrt.
Die Klägerin hatte im März 2016 einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten Pkw zu einem Bruttokaufpreis von 14.500 Euro gekauft. Das Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor und wird von der Klägerin weiterhin genutzt. Der aktuelle Kilometerstand betrug nach Angaben der Klägerin 291.333 Kilometer.
Die Klägerin behauptete, dass das Fahrzeug mehrere unzulässige und gesetzeswidrige Technologien (Abschalteinrichtungen) im Zusammenhang mit der Abgasrückführung und -nachbehandlung enthalte und machte einen Vermögensschaden in Höhe von 15 Prozent des Kaufpreises geltend.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, die Klägerin habe schon nicht substantiiert vorgetragen, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut seien. Zudem sei ein vermeintlicher Differenzschaden jedenfalls wegen der erlangten Vorteile kompensiert.
Dem folgte das AG München. Die zulässige Klage sei bereits unschlüssig. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitere daran, dass bereits nach ihrem eigenen Vortrag kein Vermögensschaden in Betracht kommt. Ob das streitgegenständliche Fahrzeug tatsächlich über unzulässige Abschalteinrichtungen verfügt, könne daher dahinstehen.
Ein Vermögensschaden des Käufers liege in der hier gegebenen Konstellation vor, wenn der Vergleich, der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit der Vermögenslage ohne das haftungsbegründende Ereignis ein rechnerisches Minus ergibt beziehungsweise der objektive Wert des erworbenen Fahrzeugs hinter dem Kaufpreis zurückbleibt.
Der Geschädigte werde durch Gewährung des Differenzschadens wegen der Enttäuschung des Käufervertrauens so behandelt, als wäre es ihm in Kenntnis der wahren Sachlage und der damit verbundenen Risiken gelungen, den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen. Sein Schaden liege daher in dem Betrag, um den er den Kaufgegenstand mit Rücksicht auf die mit einer etwaigen unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Risiken zu teuer erworben hat.
Die Höhe eines etwaigen Schadens sei dabei unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu schätzen. Bei der in vorliegender Konstellation gebotenen Schätzung innerhalb eines Rahmens zwischen fünf und 15 Prozent des Kaufpreises seien bei der Bestimmung des objektiven Werts des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Nachteile, insbesondere das Risiko behördlicher Anordnungen, zu berücksichtigen.
Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs seien erst dann und nur insoweit schadensmindernd anzurechnen, als sie den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags (gezahlter Kaufpreis abzüglich Differenzschaden) übersteigen.
Bei der vorzunehmenden Bemessung der anzurechnenden Nutzungsvorteile kann laut AG von folgender Berechnungsformel ausgegangen werden: Nutzungsvorteil = Bruttokaufpreis x gefahrene Strecke (seit Erwerb) : erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt. Danach sei der von der Klägerin geltend gemachte Schaden aufgezehrt. Der Wert des gegenständlichen Fahrzeugs habe bei Abschluss des Kaufvertrags 12.325 Euro betragen (Kaufpreis abzüglich des in Betracht kommenden Schadensersatzes in Höhe von 15 Prozent). Der anzurechnende Nutzungsvorteil betrage nach der oben genannten Formel unter Heranziehung einer gewöhnlichen Gesamtlaufleistung von 250.000 Kilometer insgesamt 19.499,53 Euro (14.500 Euro x 161.210 Kilometer : 119.877 Kilometer).
Allein der Nutzungsvorteil übersteige den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags bereits erheblich, sodass es auf den Restwert des Fahrzeugs, der ebenfalls noch zu berücksichtigen wäre, nicht mehr ankomme, so das AG München abschließend.
Amtsgericht München, Urteil vom 16.02.2024, 142 C 20380/23