07.03.2024
Solidaritätszuschlag: Teilweise Abschaffung aus Sicht der BRAK verfassungswidrig
Der Solidaritätszuschlag ist verfassungsrechtlich nicht mehr durch eine Ausnahmelage gedeckt. Die Erhebung nur noch bei etwa zehn Prozent der Einkommensteuerpflichtigen verstößt zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz. Das hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in einem aktuellen Gutachten für das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Verfassungsbeschwerde des FDP-Vorstands gegen die teilweise Abschaffung des "Soli" Ende 2019 ausgeführt.
Die Fortführung des Solidaritätszuschlags über das Jahr 2020 hinaus ist nach Ansicht der BRAK verfassungsrechtlich nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des Artikel 106 Absatz 1 Nr. 6 Grundgesetz (GG) gedeckt. Diese ermögliche lediglich ergänzende Abgaben bei Bedarfsspitzen. Eine Ausnahmelage wie nach der Wiedervereinigung, aus deren Anlass der "Soli" eingeführt worden war, bestehe aber inzwischen nicht mehr. Zudem verletze die Ende 2019 vom Bundestag beschlossene Umwandlung des als solidarisches finanzielles Opfer aller Bevölkerungsgruppen konzipierten Zuschlags auf die Einkommensteuer in ein Sonderopfer für nur noch zehn Prozent der Einkommensteuerpflichtigen den Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Absatz 1 GG).
Das Verfassungsbeschwerdeverfahren, für das die BRAK die Stellungnahme abgegeben hat, war laut BRAK im Jahr 2020 durch Mitglieder des Vorstands der FDP-Bundestagsfraktion angestrengt worden. Der Bundestag habe zuvor mit der Mehrheit der damaligen Großen Koalition lediglich eine teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021 beschlossen. Die Freigrenzen seien angehoben worden, sodass seitdem nur noch Besserverdienende, und damit die wenigsten Steuerzahler, den Solidaritätszuschlag in voller Höhe zahlen müssen. Die Beschwerdeführer verfolgten das Ziel der vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags mit Wirkung zum 01.01.2020.
Das Verfassungsbeschwerdeverfahren ist beim BVerfG unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1505/20 anhängig.
Bundesrechtsanwaltskammer, PM vom 06.03.2024