05.03.2024
Verkauf rezeptfreier Arzneimittel im Fernabsatz: EuGH erläutert Voraussetzungen für Verbot
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erläutert die Voraussetzungen, unter denen ein Mitgliedstaat einen Dienst, der in der Zusammenführung von Apothekern und Kunden für den Online-Verkauf von Arzneimitteln besteht, verbieten kann.
Die Gesellschaft Doctipharma betreibt eine Website, auf der es bis 2016 möglich war, über Websites von Apotheken rezeptfrei erhältliche pharmazeutische Erzeugnisse und Arzneimittel zu kaufen. Konkret stellte die Website von Doctipharma die Waren mittels eines vorgespeicherten Katalogs zur Verfügung. Der Kunde wählte die Arzneimittel aus und seine Bestellung wurde anschließend an die Apotheken weitergeleitet, deren Websites Doctipharma hostete. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte über ein für alle Apotheken anwendbares einheitliches Zahlungssystem von einem dafür vorgesehenen Konto.
Die Union des Groupements de pharmaciens d«officine stellte die Rechtmäßigkeit dieser Website in Frage: Durch den Dienst, den Doctipharma mittels ihrer Website erbringe, nehme sie am elektronischen Arzneimittelhandel teil und verstoße daher gegen die nationalen Rechtsvorschriften, die den Verkauf von Arzneimitteln durch Personen, die nicht die Eigenschaft eines Apothekers hätten, verböten.
Die Cour d«appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) rief den EuGH an und bat um Vorabentscheidung. Der EuGH entschied, dass, wird der Anbieter, der keine Apothekereigenschaft besitzt, selbst als Verkäufer der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel angesehen, der Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist, die Erbringung dieses Dienstes verbieten kann. Beschränkt sich der betreffende Anbieter hingegen durch eine eigene und vom Verkauf unabhängige Leistung darauf, Verkäufer und Kunden zusammenzuführen, dürften die Mitgliedstaaten diesen Dienst nicht mit der Begründung verbieten, dass die betreffende Gesellschaft am elektronischen Handel mit Arzneimitteln beteiligt sei, ohne die Eigenschaft eines Apothekers zu haben.
Zwar seien allein die Mitgliedstaaten dafür zuständig, die Personen zu bestimmen, die zum Verkauf nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an die Öffentlichkeit im Fernabsatz durch Dienste der Informationsgesellschaft ermächtigt oder befugt sind. Doch müssten sie auch sicherstellen, dass der Öffentlichkeit Arzneimittel zum Verkauf im Fernabsatz durch Dienste der Informationsgesellschaft angeboten werden. Sie dürften folglich einen solchen Dienst für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht verbieten.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 29.02.2024, C-606/21