10.11.2025
Fasan kollidiert mit Motorradhelm: Spezifische Kfz-Betriebsgefahr verwirklicht
Verwirklicht sich die spezifische Gefahr eines Kraftfahrzeuges, wenn ein fliegender Fasan den Beifahrer auf einem Motorrad zu Fall bringt? Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat das bejaht.
Ein Mann war als Beifahrer auf einem Motorrad unterwegs. Als der Fahrer nach einer Linkskurve gerade wieder beschleunigt hatte und schätzungsweise 130 bis 140 km/h fuhr, erhob sich ein Fasan aus dem Seitenstreifen und flog über die Landstraße. Dabei prallte er gegen den Helm des Beifahrers. Dieser verlor den Halt und stürzte auf die Straße. Da er keine Schutzkleidung trug, erlitt er schwerste Schürfwunden am ganzen Körper sowie – trotz des getragenen Motorradhelms – Schnittverletzungen und Frakturen an Kopf und Hals. Der Soziusfahrer musste mehrmals operiert werden und konnte erst etwa fünf Monate später seine Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen.
Vor dem Landgericht (LG) Osnabrück nahm der Beifahrer in der Folge die Haftpflichtversicherung des Fahrers auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 25.000 Euro in Anspruch. Das LG lehnte eine Haftung der Versicherung ab: Die Verletzung des Beifahrers habe sich nicht beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges im Sinne von § 7 Absatz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ereignet. Es habe sich keine vom Fahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht. Vielmehr habe ein von außen auf den Beifahrer wirkendes Ereignis – der fliegende Fasan – zu dem Schaden geführt. Das Motorrad selbst sei in den Unfall nicht involviert gewesen. Letztlich habe sich die allgemeine Gefahr verwirklicht, von einem herumfliegenden Gegenstand getroffen zu werden. Jedenfalls liege höhere Gewalt im Sinne von § 7 Absatz 2 Straßenverkehrsordnung vor. Im Ergebnis scheide eine Haftung damit aus.
Das OLG sieht das anders: Der von dem Beifahrer erlittenen Schaden sei im Sinne des § 7 Absatz 1 StVG "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" entstanden. Der Soziusfahrer habe sich gerade wegen des in Betrieb befindlichen Motorrades vorwärtsbewegt, nur deswegen habe es zu dem Zusammenstoß kommen können. Aufgrund der Annäherungsgeschwindigkeit des Motorrades von mutmaßlich mehr als 100 km/h hätten bei dem Zusammenstoß ganz erhebliche Kräfte gewirkt, die für den Unfall und die Verletzungen des Beifahrers ursächlich geworden seien. Das, so das Gericht, zeige sich anschaulich daran, dass der Fasan durch den Aufprall in drei Teile zerrissen wurde. Es komme daher auch nicht darauf an, dass das Motorrad selbst von dem Aufprall nicht betroffen wurde. Auch höhere Gewalt – wie bei einem "normalen" Wildunfall – schloss das OLG aus.
Es sprach dem Beifahrer demnach Schmerzensgeld zu, dessen Höhe es unter Verweis auf so genannte Schmerzensgeldtabellen mit 17.000 Euro bemaß. Ein Mitverschulden aufgrund der fehlenden Schutzkleidung nahmen die Richter – weil es sich um den Beifahrer handelte – nicht an.
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 24.09.2025, 5 U 30/25, rechtskräftig