10.07.2025
Kruzifix im Eingangsbereich eines Gymnasiums: Verletzte Glaubensfreiheit von Schülerinnen
Ein Kruzifix hängt prominent im Eingangsbereich eines staatlichen Gymnasiums in Bayern. Zwei Schülerinnen störte das – sie sahen sich in ihrer Glaubensfreiheit verletzt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) gab ihnen recht. Die Weigerung der Schule, das Kreuz zu Schulzeiten der Schülerinnen zu entfernen, sei rechtswidrig gewesen.
Bei dem Kruzifix handelt es sich um ein 150 Zentimeter hohes und 50 Zentimeter breites Holzkreuz. Es ist mit einer 30 Zentimeter hohen und 25 Zentimeter breiten Darstellung des gekreuzigten Christus versehen und im Haupteingangsbereich der Schule an einem Stützpfeiler neben der Haupttreppe angebracht.
Die Schülerinnen, die mittlerweile das Gymnasium mit dem Abitur verlassen haben, beantragten während ihrer Schulzeit die Entfernung des Kreuzes – zu Recht, wie der BayVGH entschied. In der Konfrontation mit dem Kruzifix als religiösem Symbol liege ein Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit. Laut BayVGH wäre die Schule verpflichtet gewesen, das Kruzifix zu entfernen.
Die Schülerinnen seien wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend mit dem Kruzifix konfrontiert gewesen. Dem hätten sie wegen dessen Positionierung auch nicht entgehen können. Das groß dimensionierte Kruzifix sei an einer sehr exponierten Stelle angebracht und zeichne sich durch eine figurenhaften Darstellung des Leichnams Jesu aus.
Ob die Anbringung eines Kruzifixes durch ein vom Bayerischen Landtag verabschiedetes Gesetz hätte legitimiert werden können, ließ der BayVGH offen. Denn für Gymnasien gab (und gibt) es weder eine gesetzliche Regelung für das Anbringen von Kreuzen noch für das Anbringen von Kruzifixen.
Für rechtmäßig erachtete der BayVGH hingegen die Anordnung des Schulleiters, bei Nichtteilnahme an Schulgottesdiensten einen Alternativunterricht besuchen zu müssen, der sich unter anderem mit allgemeinen Themen aus dem Fach Ethik befasste. Auch hiergegen hatten die Schülerinnen geklagt.
Zwar könne der Besuch von Schulgottesdiensten den Schülerinnen und Schülern nicht vorgeschrieben werde. Dies ergebe sich aus der verfassungsrechtlich gebotenen Freiwilligkeit des Besuchs. Daraus könne jedoch kein Anspruch abgeleitet werden, für die Dauer des Schulgottesdienstes vom Unterricht befreit zu werden, führt der BayVGH aus. Anhaltspunkte dafür, dass die Schülerinnen durch die Pflicht zur Teilnahme am Alternativunterricht zum Besuch des Schulgottesdienstes angehalten werden sollten, sah der BayVGH nicht. Durch den Alternativunterricht werde vielmehr eine Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler sichergestellt.
Die CSU reagierte auf das Urteil gelassen: Das Kreuz gehöre zu Bayern. Sie sieht die Grundsatzentscheidung der Bayerischen Staatsregierung zur Anbringung von Kreuzen in staatlichen Gebäuden durch das Urteil nicht infrage gestellt. Der BayVGH habe ausdrücklich die besonderen Umstände des Einzelfalls betont – insbesondere die exponierte Platzierung und die konkrete Ausgestaltung des Kruzifixes. "Daraus ergibt sich keine Notwendigkeit, allgemeine Vorschriften oder Verwaltungsregelungen zu ändern", so Klaus Holetschek, Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 08.07.2025, 7 BV 21.336, nicht rechtskräftig