16.12.2024
Kirchenasyl: Eilbegehren eines Asylantragstellers gegen Überstellung nach Finnland erfolgreich
Ein Asylantragsteller, der auf Grundlage der Dublin III-Verordnung nach Finnland überstellt werden sollte, darf vorerst in Deutschland bleiben. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Bremen entschieden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte mit Bescheid vom 31.07.2024 die Überstellung des Asylantragstellers nach Finnland auf der Grundlage der Dublin III-Verordnung angeordnet. Gegen diese Entscheidung hatte der Antragsteller Klage erhoben (1 K 2132/24), ohne zunächst um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachzusuchen.
Unter dem 02.10.2024 begab sich der Antragsteller in das Kirchenasyl in der Vereinigten Evangelischen Kirchengemeinde Bremen-Neustadt. In der Nacht vom 02.12. auf den 03.12.2024 sollte er nach Finnland überstellt werden. Der Überstellungsversuch wurde auf Anweisung des Migrationsamts Bremen abgebrochen, weil eine Menschenansammlung dem Polizeivollzugsdienst den Zutritt zu den Räumlichkeiten der Zions-Gemeinde in Bremen verwehrte.
Auf den vom Antragsteller am 08.12.2024 gestellten Eilantrag hat das VG Bremen dem BAMF im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Migrationsamt Bremen mitzuteilen, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber dem Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens abzusehen.
Diese Anordnung hält das VG Bremen zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller für notwendig. Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach der Dublin III-VO, die mit Ablauf des 07.12.2024 geendet hätte, habe sich nicht dadurch verlängert, dass sich der Antragsteller in das Kirchenasyl begeben hat. Der Antragsteller sei hierdurch nicht "flüchtig" im Sinne des Artikels 29 Absatz 2 Satz 2 Dublin III-VO gewesen, weil er sich nicht gezielt seiner Überstellung entzogen habe. Der Aufenthaltsort des Antragstellers sei dem BAMF und dem Migrationsamt Bremen sowohl am 03.12.2024 als auch am 06.12.2024 bekannt gewesen. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass der Antragsteller sich am 06.12.2024 nicht im Gemeindezentrum der Zions-Gemeinde aufgehalten habe. Es seien auch keine weiteren (erfolglosen) Überstellungsversuche unternommen worden.
Der Staat sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung durch das Kirchenasyl weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Da der Aufenthalt des Antragstellers am 03.12.2024 bekannt gewesen sei und eine Überstellung unter Anwendung unmittelbaren Zwangs jederzeit hätte durchgeführt werden können, habe es (objektiv) an einem Sichentziehen des Antragstellers gefehlt.
Verwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 09.12.2024, 1 V 3084/24, unanfechtbar