13.12.2024
Quellensteuerverfahren: Rat beschließt neue Vorschriften
Der Rat der EU hat mit der FASTER-Richtlinie neue Vorschriften über sicherere und schnellere Verfahren zur Entlastung von der Doppelbesteuerung angenommen. Sie sollen grenzüberschreitende Investitionen anregen und dazu beitragen, Steuermissbrauch zu bekämpfen.
Die FASTER-Richtlinie ziele darauf ab, die Quellensteuerverfahren in der EU für grenzüberschreitend tätige Anleger, nationale Steuerbehörden und Finanzintermediäre wie Banken oder Investitionsplattformen sicherer und effizienter zu machen.
Derzeit erheben viele Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Investitionen Steuern auf Dividenden (aus Aktien und Anteilen) und Zinsen (aus Anleihen), die an im Ausland lebende Anleger gezahlt werden. Gleichzeitig müssen diese Anleger im Land ihrer Ansässigkeit für diese Einkünfte Einkommensteuer entrichten.
Obwohl Verträge zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, mit denen das Problem der Doppelbesteuerung ausgeräumt werden soll, unterscheiden sich die Verfahren zur Beantragung einer Quellensteuerentlastung zwischen den Mitgliedstaaten in der Realität erheblich. Das führt dem Rat der EU zufolge dazu, dass Entlastungs- oder Erstattungsverfahren langwierig, kostspielig und aufwendig sind. Diese Verfahren könnten auch anfällig für Steuerbetrug im großen Stil sein.
Mit der FASTER-Richtlinie sollen die Steuerentlastungsverfahren künftig schneller, einfacher und zugleich sicherer werden.
Mit der Richtlinie werde eine gemeinsame digitale EU-Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit (eTRC) eingeführt, die Steuer zahlende Anleger nutzen könnten, um die Schnellverfahren zur Entlastung von der Quellensteuer in Anspruch zu nehmen.
Die Mitgliedstaaten würden ein automatisiertes Verfahren zur Ausstellung von digitalen Bescheinigungen über die steuerliche Ansässigkeit (eTRC) für natürliche Personen oder Rechtsträger einführen, die als in ihrem Hoheitsgebiet steuerlich ansässig gelten.
Nach der neuen Richtlinie könnten die Mitgliedstaaten zwei Schnellverfahren vorsehen, die das bestehende Standardverfahren für die Erstattung von Quellensteuern ergänzen. Dadurch würden die Entlastungs- und Erstattungsverfahren in der gesamten EU schneller und stärker harmonisiert.
Die Mitgliedstaaten müssen laut Rat der EU eines oder beide der folgenden Systeme anwenden:
ein Verfahren der "Steuererleichterung an der Quelle", bei dem der entsprechende Steuersatz zum Zeitpunkt der Zahlung von Dividenden oder Zinsen angewandt wird;
ein "Schnellerstattungssystem", bei dem die Erstattung zu viel gezahlter Quellensteuer innerhalb einer bestimmten Frist gewährt wird.
Die Mitgliedstaaten müssten die Schnellverfahren anwenden, wenn sie eine Entlastung von überschüssiger Quellensteuer auf Dividenden gewähren, die auf öffentlich gehandelte Aktien gezahlt werden. Sie könnten fakultativ ihre bestehenden Verfahren beibehalten und Kapitel III der Richtlinie nicht anzuwenden, wenn sie
über ein umfassendes System der Steuererleichterung an der Quelle verfügen, das auf überschüssige Quellensteuer auf Dividenden anwendbar ist, die auf von einem in ihrem Hoheitsgebiet Ansässigen ausgegebene öffentlich gehandelte Aktien gezahlt werden, und wenn ihre (von der ESMA gemeldete) Marktkapitalisierungsquote unter einem Schwellenwert von 1,5 Prozent liegt. Wird diese Quote jedoch in vier aufeinanderfolgenden Jahren überschritten, werden alle in der Richtlinie vorgesehenen Vorschriften unwiderruflich anwendbar. In solchen Fällen haben die Mitgliedstaaten fünf Jahre Zeit, um die Vorschriften der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Diese Kriterien tragen der Größe der Finanzmärkte der Mitgliedstaaten Rechnung, gleichzeitig wird aber auch anerkannt, dass einige Mitgliedstaaten nationale Systeme beibehalten, die ihren derzeitigen Marktbedingungen angemessen sind;
eine Entlastung von überschüssigen Quellensteuern auf Zinsen gewähren, die für öffentlich gehandelte Anleihen gezahlt werden.
Der Rat hat zusätzliche Fälle in den Text aufgenommen, in denen die Mitgliedstaaten Anträge auf eine Quellensteuerentlastung ganz oder teilweise von den Schnellverfahren ausschließen können, um weitere Kontrollen zwecks Verhinderung von Betrug durchzuführen.
Ferner wurden Bestimmungen zu indirekten Investitionen für Fälle aufgenommen, in denen der Anleger nicht direkt in Wertpapiere investiert, sondern über einen Organismus für gemeinsame Anlagen. Das soll gewährleisten, dass berechtigte Anleger, wie bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen oder deren Anleger, Zugang zu den Schnellverfahren haben.
Nach den neuen Vorschriften müssten zertifizierte Finanzintermediäre, die im Namen eines eingetragenen Eigentümers eine Entlastung beantragen, sorgfältig prüfen, ob der eingetragene Eigentümer überhaupt berechtigt ist, eine Steuerentlastung in Anspruch zu nehmen, so der Rat der EU.
Mit der Richtlinie werde eine standardisierte Meldepflicht für Finanzintermediäre (wie Banken oder Investitionsplattformen) eingeführt. Damit werde den nationalen Steuerbehörden die Aufdeckung von potenziellem Steuerbetrug oder -missbrauch erleichtert.
Die Mitgliedstaaten würden nationale Register einrichten, in denen sich große (und fakultativ kleinere) Finanzintermediäre eintragen lassen müssen, um als zertifiziert zu gelten. Um dieses Eintragungsverfahren zu vereinfachen, sei der Rat übereingekommen, ein Europäisches Portal zertifizierter Finanzintermediäre einzurichten. Dieses Portal werde als zentrale Website eigens für den Zugang zu den nationalen Registern dienen.
Die Mitgliedstaaten verfügten weiterhin über den erforderlichen Ermessensspielraum, wenn es darum geht, die Eintragung oder Streichung eines zertifizierten Finanzintermediärs in dem Register vorzunehmen bzw. Maßnahmen zu ergreifen, die diese betreffen.
Nach ihrer Eintragung im Register müssten die Finanzintermediäre den zuständigen Steuerbehörden die erforderlichen Informationen übermitteln, damit eine Transaktion zurückverfolgt werden kann.
Die Mitgliedstaaten könnten künftig eine umfassendere Meldung von Transaktionen verlangen, um mögliche Fälle von Steuermissbrauch oder -betrug aufzudecken.
Der Rat habe neben der direkten Meldung außerdem die Möglichkeit der indirekten Meldung vorgesehen. Im Fall einer direkten Meldung müsse ein zertifizierter Finanzintermediär die Informationen direkt der zuständigen Behörde des Quellenmitgliedstaats übermitteln. Im Fall einer indirekten Meldung seien die Informationen von den einzelnen zertifizierten Finanzintermediären entlang der Wertpapier-Zahlungskette zu übermitteln.
Die Mitgliedstaaten sollen laut Rat der EU Sanktionen verhängen, wenn die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen nicht eingehalten werden.
Rat der Europäischen Union, PM vom 10.12.2024