29.11.2024
Gemeinnützigkeit: Keine "Konzernbetrachtung"
Die Versagung der Gemeinnützigkeit wegen der Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen (§ 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes) aufgrund einer sich aus einem Verfassungsschutzbericht ergebenden Vermutungswirkung setzt voraus, dass die Körperschaft als selbstständiges Steuersubjekt in diesem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Der Kläger, ein Verein, war eine selbstständige Landesorganisation, deren Bezeichnung teilweise wortgleich in dem Namen der ebenfalls selbstständigen Bundesorganisation enthalten war. Der Name der Bundesorganisation enthielt zudem eine Abkürzung. Die Verfassungsschutzberichte eines Landes enthielten Ausführungen zu beiden Organisationen. Der jeweilige Anhang einiger dieser Verfassungsschutzberichte, der extremistische Organisationen aufführte, führte nur den wortgleichen Namensteil und die Abkürzung auf.
Das Finanzamt versagte dem Kläger die Körperschaftsteuerbefreiung für gemeinnützige Körperschaften, da er nach Auffassung des Amts in Verfassungsschutzberichten als extremistisch aufgeführt war und die dann nach § 51 Absatz 3 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) geltende Vermutung, er fördere Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, nicht widerlegt habe.
Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz, die die Auffassung des Finanzamts bestätigte, aufgehoben. Zwar greife die widerlegbare Vermutung des § 51 Absatz 3 Satz 2 AO bereits dann ein, wenn eine Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch aufgeführt ist, wofür die Erwähnung in einem Anhang des Verfassungsschutzberichtes, der extremistische Organisationen aufführt, genüge. Indes müsse die jeweilige Körperschaft eindeutig identifizierbar sein. Hierfür reiche es nicht aus, wenn aus den Verfassungsschutzberichten nicht klar hervorgeht, welche Körperschaft als selbstständiges Steuersubjekt gemeint ist. Eine "Konzernbetrachtung" finde im Rahmen des § 51 Absatz 3 Satz 2 AO nicht statt.
Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Dieses müsse nun die Tatsachen, ob eine bestimmte Körperschaft als selbstständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten im Sinne des § 51 Absatz 3 Satz 2 AO aufgeführt ist, selbst prüfen und würdigen. Im Revisionsverfahren könne das nicht nachgeholt werden.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.09.2024, V R 36/21