12.02.2024
Steuerberatungsgesellschaften: Seit 2023 zur Nutzung des beSt verpflichtet
Berufsausübungsgesellschaften nach § 3 Satz 1 Nr. 2, § 49 Steuerberatungsgesetz, die in das Steuerberaterverzeichnis eingetragen sind, sind gemäß § 52d Satz 1 und 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) verpflichtet, seit dem 01.01.2023 das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) zu nutzen. Wird die vorübergehende technische Unmöglichkeit nicht zusammen mit oder jedenfalls unverzüglich nach der Beschwerdeeinlegung dargelegt und glaubhaft gemacht, kann aus diesem Grund eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.
Nach § 52d Satz 3 FGO bleibe die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften (zum Beispiel durch Telefax) zulässig, wenn dem nutzungsverpflichteten Einreicher eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit sei bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung sei ein elektronisches Dokument nachzureichen.
§ 52d Satz 3 FGO greife bei technischen Problemen im Rahmen der Verwendung des vollständig eingerichteten beSt ein. In einem solchen Fall sei die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. "Unverzüglich" bedeutet laut BFH ohne schuldhaftes Zögern. Der Zeitraum des unverschuldeten Zögerns sei eng zu fassen. Zur Glaubhaftmachung gehört jedenfalls eine Schilderung der tatsächlichen Umstände, die eine vorübergehende technische Unmöglichkeit rechtfertigen können.
Hieran fehle es im zugrunde liegenden Fall. Der BFH habe am 28.09.2023 die regulär am 25.10.2023 ablaufende Begründungsfrist bis zum 27.11.2023 verlängert und der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass ihre Beschwerde nicht den Anforderungen des § 52d FGO genügt. Hierauf habe die Prozessbevollmächtigte erst mit am 17.11.2023 beim BFH eingegangenen Telefaxschreiben, in dem sie eine nochmalige Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 22.12.2023 beantragte, Folgendes mitgeteilt: "Aufgrund einer EDV- und Serverumstellung ist die elektronische Übermittlung des Schreibens gemäß Finanzgerichtsordnung leider aktuell nicht möglich. Unsere EDV-Beauftragten arbeiten bereits an der Klärung des Problems. Wir bitten um Entschuldigung." Mit weiterem Telefaxschreiben vom 21.12.2023 --eingegangen beim BFH am gleichen Tag-- habe die Prozessbevollmächtigte ihre Bitte auf Aktenübersendung wiederholt und beantragt, die Begründungsfrist bis zum 31.01.2024 zu verlängern. Dieses Telefaxschreiben enthalte die gleiche – vorstehend zitierte – Begründung, weshalb eine elektronische Übersendung des Schreibens aktuell nicht möglich sei.
Hiermit habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht unverzüglich nach der Ersatzeinreichung, sondern erstmals sieben Wochen nach dem 25.09.2023 vorgetragen, dass eine "EDV- und Serverumstellung" erfolge, so der BFH. Dies überschreite bei Weitem den gesetzlich zulässigen Zeitrahmen für eine nachträgliche Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit. Die Ersatzeinreichung sei bereits aus diesem Grund unwirksam.
Zudem enthalte das am 17.11.2023 eingegangene Telefaxschreiben keine nachvollziehbare Schilderung der Umstände, die eine vorübergehende technische Unmöglichkeit rechtfertigen könnten. Diesem lasse sich schon nicht entnehmen, dass bereits am 25.09.2023 eine vorübergehende technische Störung vorgelegen hat. Ebenso bleibe offen, ob tatsächlich technische Probleme bestanden haben. Allein der Umstand einer "EDV- und Serverumstellung" begründe noch keine technische Störung. Dies lasse zunächst nur auf eine bewusst gewählte Umstellungsmaßnahme im IT-Bereich schließen. Schließlich ist laut BFH zweifelhaft, ob am 25.09.2023 eine nur vorübergehende technische Störung vorlag. So existiere nach dem eigenen Vorbringen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin das "Problem" weiterhin.
Folglich sei die am 25.09.2023 als Telefaxschreiben beim BFH eingegangene Beschwerde nicht formgerecht erhoben worden. Der Formverstoß führe zur Unwirksamkeit und schließe die Fristwahrung aus.
Der Klägerin könne keine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdeeinlegungsfrist gewährt werden. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, sei ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Verschulden in diesem Sinne liege – jedenfalls, wenn es sich um die Fristversäumnis eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts handelt – nur dann nicht vor, wenn dieser die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt angewendet hat. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.
Selbst wenn man das am 17.11.2023 beim FG eingegangene Telefaxschreiben der Prozessbevollmächtigten als einen Wiedereinsetzungsantrag werten wollte, sei die Beschwerdeeinlegungsfrist nicht ohne Verschulden versäumt, so der BFH. Bei einer vorübergehenden technischen Störung des beSt sei eine etwaige fehlende beziehungsweise fehlerhafte Kenntnis der sich aus § 52d FGO ergebenden Rechtslage für Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe nicht entschuldbar. Hätte die Prozessbevollmächtigte in dieser Situation die Voraussetzungen des § 52d Satz 3 und 4 FGO beachtet, wäre die Einlegungsfrist auch ohne Übermittlung des Schriftsatzes als elektronisches Dokument gewahrt worden.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23. Januar 2024, IV B 46/23