24.11.2023
Umwandlung von Unternehmen: Zur steuerlichen Organschaft
Verschmilzt eine Kapital- auf eine Personengesellschaft, so tritt der übernehmende Rechtsträger als ("neuer") Organträger auch dann in die bereits beim übertragenden Rechtsträger (als "alter" Organträger) erfüllte Voraussetzung einer finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft ein, wenn die Umwandlung steuerlich nicht bis zum Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurückbezogen wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Zwischen der A-GmbH (Klägerin) als Organgesellschaft und der B-GmbH als Organträgerin bestand ursprünglich eine steuerliche Organschaft. Nachdem die X-OHG im März 2015 sämtliche Anteile der B-GmbH erworben hatte, wurde die B-GmbH im November 2015 mit Rückwirkung zum April 2015 auf die X-OHG verschmolzen. Die Klägerin, deren Wirtschaftsjahr schon im Januar 2015 begonnen hatte, wollte daraufhin für das gesamte Jahr 2015 als Organgesellschaft der X-OHG behandelt werden.
Das Finanzamt lehnte dies im Einklang mit der vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Auffassung ab. Aufgrund des zeitlich nachfolgenden Umwandlungsstichtags (April 2015) sei die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in die (neue) Organträgerin (X-OHG) zum Beginn des Wirtschaftsjahres der Klägerin (noch) nicht erfüllt gewesen. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Maßgebend sei nicht der steuerliche Umwandlungsstichtag, sondern eine spezielle Regelung des Umwandlungssteuergesetzes, die einen umfassenden Eintritt des übernehmenden Rechtsträgers (X-OHG) in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers (B-GmbH) vorsehe (so genannte Fußstapfentheorie). Hierzu gehöre auch die finanzielle Eingliederung der Klägerin in die Organträgerin als Voraussetzung für eine steuerliche Organschaft.
Darüber hinaus hat der BFH geklärt, dass über das Bestehen oder Nichtbestehen einer steuerlichen Organschaft für ab dem Jahr 2014 beginnende Zeiträume in einem gesonderten Feststellungsverfahren mit Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren aller beteiligten Gesellschaften zu entscheiden ist.
Zeitgleich sind drei weitere Urteile des BFH zu diesem Themenkreis veröffentlicht worden (I R 36/20, I R 40/20 und I R 45/20). Darin wurde die Fußstapfentheorie auch auf andere Umwandlungsvorgänge angewandt.
Mit dieser Urteilsserie ist nach Angaben des BFH eine für die Unternehmens- und Konzernpraxis wichtige Besteuerungsfrage im Zusammenhang mit dem Aufbau von steuerlichen Organschaftsstrukturen bei gesellschaftsrechtlichen Umwandlungen höchstrichterlich geklärt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.07.2023, I R 21/20