30.10.2023
Steuerschätzung: Laut DIHK richtige Prioritäten gefragt
Die von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verkündeten Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung entsprechen laut Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK) dem, was nach den aktuellen Konjunkturdaten zu erwarten ist: Bei schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt sprudelten Steuereinnahmen nicht mehr. Im Vergleich zur großen Steuerschätzung vom Mai 2023 ergäben sich beim Bund für 2023 3,6 Milliarden Euro geringere und für 2024 knapp vier Milliarden Euro höhere Einnahmen als bisher gedacht. Bis 2027 werde der Bund im Vergleich zur Prognose vom Mai insgesamt 6,9 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen.
Auch Länder und Kommunen könnten bis 2027 mit etwas höheren Steuereinnahmen rechnen als noch im Mai erwartet. Wichtig sei jedoch: Der Trend, dass der Staat jedes Jahr eigentlich mehr Geld zur Verfügung hat, sei ungebrochen. So würden jetzt für 2023 insgesamt 916,1 Milliarden Euro an Steuereinnahmen erwartet – gut 20 Milliarden Euro mehr als 2022.
Umso wichtiger sei es aus der Sicht der Wirtschaft, dass die Bundesregierung mit ihren Finanzmitteln auf Prioritäten setzt. Das bedeutet laut DIHK die Konzentration auf das Wesentliche, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Für die Steuerzahler sei wichtig, dass die Bundesregierung die steuerlichen Auswirkungen der hohen Inflationsraten – die kalte Progression – berücksichtigt und durch entsprechende Tarifanpassungen ausgleicht.
In die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sei eine Konjunkturkomponente eingebaut, die aufgrund der aktuellen Wirtschaftsschwäche im Jahr 2024 eine um 5,5 Milliarden Euro höhere Neuverschuldung erlaubt. In der Haushaltsplanung vorgesehen sei bislang eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 16,6 Milliarden Euro. Alles in allem dürfte sich aus der Steuerschätzung und den bisherigen Ausgabenansätzen im Bundeshaushalt 2024 ein hoher einstelliger oder niedriger zweistelliger Milliarden-Fehlbetrag ergeben.
Ohne eine wirkungsvolle Begrenzung der Schuldenfinanzierung wären die Verlockungen für die Bundesregierung größer, die Ausgaben ohne klare Prioritäten zu planen, so der DIHK. Aber schon im kommenden Haushalt würden die Zinszahlungen mit fast 40 Milliarden Euro einer der größten Ausgabenposten sein. Und: Ab 2028 stünden die Tilgungsleistungen der Corona-Kredite an. Es bestehe also die Gefahr, dass zukünftige Haushalte mit noch höheren Tilgungs- und Zinszahlungen belastet werden, warnt die DIHK. Für Unternehmen sei eine Haushaltspolitik auf Pump ein sehr sensibles Thema. Denn damit drohten in Zukunft Steuererhöhungen, die fast immer die Wirtschaft in besonderem Ausmaß träfen.
Die Steuerschätzung habe gezeigt, dass das staatliche Steueraufkommen trotz der konjunkturellen Flaute und trotz der zurückhaltenden Erwartungen für die kommenden Jahre recht stabil ist. Es wachse auch weiter: 2025 würden die Steuereinnahmen in Deutschland erstmals den Betrag von 1.000 Milliarden Euro übersteigen. Derzeit stritten Bund und Länder darüber, ob die Wirtschaft mit dem Wachstumschancengesetz um sieben Milliarden Euro entlastet werden kann. Für die Prämie für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen, die die zentrale Maßnahme des Gesetzes sein sollte, seien pro Jahr noch nicht einmal 400 Millionen Euro vorgesehen.
Die Zahlen-Relation zeige, dass die Bundesregierung ihre Prioritäten noch viel stärker auf Wachstumsimpulse ausrichten muss, betont die DIHK. Private Investitionen machten rund 90 Prozent aller Investitionen aus. Bürokratische Lasten und die im internationalen Vergleich viel zu hohe Steuerbelastung der Unternehmen sollten sofort spürbar reduziert werden, damit die Wirtschaft schneller aus dem Konjunkturtief herauskommt. Die Bundesregierung müsse mit den vorhandenen Mitteln verantwortungsvoll umgehen und die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung schaffen. Damit würden Investitionen am Standort Deutschland heute und in Zukunft wieder attraktiv und so auch Arbeitsplätze sichern können. Das sei auch das beste Investment für auskömmliche Finanzmittel des Staates, meint die DIHK.
Deutsche Industrie- und Handelskammer, PM vom 27.10.2023