16.10.2023
Luxus-Handtaschen: Kunstfreiheit kann markenrechtlichen Schutz aushebeln
Auch die Beschäftigung mit einer Marke – hier: mit einer weltweit bekannten Luxus-Handtasche – kann von der Kunstfreiheit gedeckt sein, sodass der Markenschutz nicht mehr greift. Dies hat das Landgericht (LG) Frankfurt am Main in mehreren Eilverfahren entschieden.
Ein Berliner Modelabel stellt unter anderem Kleider, Röcke, Tops und Taschen her, die charakteristische Merkmale einer Luxus-Handtasche aufweisen. Das Label führte diese Modekreationen auf einer Fashionshow vor und bewarb die dortigen Darbietungen im Internet sowie auf sozialen Netzwerken.
Die Herstellerin der Luxus-Tasche verlangt, dem Berliner Modelabel diese Darstellungen zu untersagen. Die Designerinnen des Berliner Labels haben sich demgegenüber auf ihre Kunst- und Meinungsfreiheit berufen. Ihre Modekreationen, in denen die prägenden Merkmale der Luxus-Handtasche aus dem Modekonzern der Antragstellerin gespiegelt würden, seien Teil einer Inszenierung. Es solle unter anderem auf weibliche Klischees hingewiesen werden, wonach sich Frauen diese Luxus-Handtaschen von so genannten Sugar Daddys schenken ließen. Die Akzeptanz dieses Vorurteils sei eine Form von Feminismus.
Laut LG Frankfurt am Main kann die Herstellerin der Luxus-Handtasche sich nicht mit Erfolg auf europäischen Markenrechtsschutz berufen. Dies ergebe eine Abwägung zwischen ihrem Eigentumsrecht und der Kunstfreiheit des Berliner Modelabels. Das in der Kunstfreiheit wurzelnde Interesse des Berliner Modelabels an der Darbietung ihrer Fashionshow überwiege hier.
Das Label wolle mit seinen Kleidern und Taschen darauf hinweisen, dass Frauen von Männern zum Objekt degradiert und als gesellschaftliche Accessoires angesehen werden. Nach seiner Ansicht würden sich Frauen emanzipieren, indem sie genau diese Rolle einnähmen. Sie würden Männer als "menschliche Bank" für ihre Zwecke nutzen, wenn sie sich von ihnen Luxus-Taschen schenken ließen. "In dieser überspitzten gesellschaftlichen Darstellung tragen Frauen die Kleidungsstücke, die an die Luxus-Tasche der Antragstellerin erinnern, in aufreizender und lasziver Art an der Grenze zu Kitsch und Geschmacklosigkeit. (…) Hierbei ist das Spiel zwischen primitiver Direktheit und ultimativen Luxusgütern essenzieller Bestandteil der Darbietung", so das LG.
Auch werde die Marke nicht verunglimpft oder herabgesetzt. Vielmehr diene sie als ein gesellschaftlich angestrebter Bezugspunkt von Luxusgütern, stellten die Richter fest. Die Anlehnung an die Luxus-Handtasche sei nur ein Teil der gesamten Inszenierung.
Landgericht Frankfurt am Main, Beschlüsse vom 19.09.2023, 2-06 O 532/23 und 2-06 O 533/23, rechtskräftig