09.10.2023
Kaffeerösterei im Gewerbegebiet: Baugenehmigung verletzt weiterhin Nachbarrechte
Die Baugenehmigung für die Errichtung einer Kaffeerösterei in einem Gewerbegebiet in Neustadt an der Weinstraße verletzt die benachbarte Kinobetreiberin weiterhin in eigenen Rechten. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt entschieden.
In dem Rechtsstreit war laut Gericht über die Abänderung eines in einem vorangegangenen Eilverfahren gefassten Beschlusses zu befinden, da sich in der Zwischenzeit die für die Begründung der ursprünglichen Entscheidung maßgeblichen Umstände geändert hatten.
Die Kinobetreiberin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Kasernenstraße" in Neustadt, auf dem sie ein Kino betreibt. An dieses Grundstück schließt sich südlich ein im Eigentum einer Kaffeemanufaktur stehendes Grundstück an, auf dem diese eine Kaffeerösterei errichten will. Gegenüberliegend befindet sich ein Fitnessstudio und ein Schnellrestaurant.
In dem Bebauungsplan wurde unter anderem ein Sondergebiet für großflächige Handelsbetriebe festgesetzt. Nach der Ursprungsfassung waren dort Groß- und Einzelhandelsbetriebe allgemein und ausnahmsweise Sportgeschäfte, Geschäfte für Unterhaltungselektronik sowie Diskotheken zulässig. Aufgrund einer ersten Änderung des Bebauungsplans im Jahr 2006 konnten in dem Sondergebiet auch Beherbergungsbetriebe sowie Schank- und Speisewirtschaften ausnahmsweise zugelassen werden. Im Zuge einer zweiten Änderung im Jahr 2016 wurde ein Kinobetrieb für allgemein zulässig erklärt.
Am 15.03.2023 erteilte die Stadt der Kaffeemanufaktur die begehrte Baugenehmigung zur Errichtung einer Kaffeerösterei. Dagegen legte die Kinobetreiberin Widerspruch ein und suchte um vorläufigen Rechtsschutz nach.
Mit Beschluss vom 02.08.2023 ordnete das VG Neustadt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an. Es sei nicht hinreichend gewährleistet, dass vom Betrieb der Kaffeerösterei keine im Hinblick auf das Nachbargrundstück der Kinobetreiberin unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgingen. In den Bauzeichnungen, die mit den Genehmigungsunterlagen eingereicht worden seien, seien zwei Abluftkamine nicht dargestellt. Deren Errichtung sei ausweislich eines von der Baugenehmigung in Bezug genommenen Gutachtens zur Vermeidung entsprechender Geruchsbelästigungen jedoch erforderlich.
Daraufhin reichte die Kaffeemanufaktur am 16.08.2023 unter Beifügung aktualisierter Planzeichnungen, die nun auch die Abluftkamine in der vom Gutachten vorausgesetzten Anzahl und Höhe enthielten, eine Ergänzung zur Baugenehmigung vom 15.03.2023 ein. Auf dieser Grundlage erteilte die Stadt der Kaffeemanufaktur am 21.08.2023 eine "Nachtragsgenehmigung Nr. 1". Die Kaffeemanufaktur stellte daraufhin einen Antrag auf Abänderung des Eilbeschlusses vom 02.08.2023.
Das VG hat den Antrag abgelehnt. Unabhängig davon, dass die beiden Abluftkamine mittlerweile eingezeichnet worden seien, könne sich die Kinobetreiberin auf eine Verletzung von Nachbarrechten in Form des Gebietserhaltungsanspruchs berufen. Dabei betrachte das Gericht den Bebauungsplan "Kasernenstraße" im Eilverfahren als wirksam. Dieser sei nicht funktionslos geworden, da in seinem Geltungsbereich diverse Vorhaben errichtet worden seien, die jedenfalls mit dessen Gesamtkonzept überwiegend in Einklang stünden. Danach seien nur solche Gewerbebetriebe zulässig, die Waren unmittelbar an Endverbraucher verkauften. Der geplante "Neubau Kaffeerösterei mit Kaffeeschule, Gastronomie und Werksverkauf" sei, soweit es um das Rösten von Kaffee gehe, hingegen als produzierendes Gewerbe anzusehen und unterfalle als "sonstiger Gewerbebetrieb" auch nicht den übrigen, nach den Festsetzungen des Bebauungsplans ausnahmsweise zulässigen Betriebsarten.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 18.09.2023, 5 L 751/23.NW