06.10.2023
Vorlage von E-Mail-Korrespondenz, insbesondere eines Gesamtjournals
Das beklagte Finanzamt forderte von der Klägerin im Rahmen einer Außenprüfung die Vorlage von empfangenen und Wiedergaben von versandten Handelsbriefen nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO sowie sonstiger Unterlagen mit Bedeutung für die Besteuerung nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO und für den Fall, dass die angeforderten Unterlagen in elektronischer Form vorlägen, ein Gesamtjournal, in dem alle E-Mails erfasst sein sollten.
Gegen diese – aus Sicht der Klägerin zu weitreichende – Anforderung von vorzulegenden Unterlagen wandte sich die Klägerin letztlich mit ihrer Klage.
Die Klägerin hatte mit ihrer Klage teilweise Erfolg. Das FG Hamburg sah die Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen und eines (elektronischen) Datenträgers als rechtmäßig an, gab der Klage jedoch insoweit statt, als der Beklagte die Vorlage eines Gesamtjournals in dem angeforderten Umfang verlangt hat.
Nach § 147 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AO könne die Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung verlangen, dass ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen in einem maschinell verwertbaren Format zur Verfügung gestellt würden. Die Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO stünden der Finanzbehörde allerdings nur in Bezug auf solche Unterlagen zu, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren habe. Der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 AO werde wiederum grundsätzlich begrenzt durch die Reichweite der zugrundeliegenden Aufzeichnungspflicht. Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen setze stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und bestehe grundsätzlich nur im Umfang dieser Aufzeichnungspflicht, sei insofern also akzessorisch.
Vor diesem Hintergrund sah das Gericht das Vorlageverlangen bzgl. der (vorhandenen) Handels- und Geschäftsbriefe sowie sonstiger Unterlagen mit Bedeutung für die Besteuerung als rechtmäßig an. Maßgeblich war für den Senat hierfür insbesondere, dass sich das Vorlageverlangen u. a. auf solche Unterlagen (insbesondere E-Mails) beschränkte, die die Durchführung eines Handelsgeschäfts betreffen sowie zur Überprüfung der angewandten Verrechnungspreismethode von steuerlicher Relevant sind.
Das Vorlageverlangen des Beklagten bezüglich eines Gesamtjournals in dem begehrten Umfang sah das Gericht dagegen als rechtswidrig an, da ein solches Gesamtjournal nicht der Aufzeichnungs- bzw. Aufbewahrungspflicht unterliege. Das Verlangen der Finanzbehörde sei dahin zu verstehen, dass der Zugriff auf eine – ggf. noch zu erstellende – Datenbank gewünscht werde, die die seitens des Beklagten aufgeführten Informationen für jede einzelne E-Mail der gesamten E-Mail Korrespondenz der Klägerin und ihrer Mitarbeitenden enthalte, unabhängig davon, ob für einzelne E-Mails eine Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 AO bestehe. Insbesondere solle das Gesamtjournal ein Zusatzfeld enthalten, in dem ein Vermerk darüber erfolge, ob die Klägerin bezüglich dieser E-Mail bereits das ihr zukommende Erstqualifizierungsrecht ausgeübt habe, sodass letztlich alle E-Mails der Klägerin aufgelistet würden, ohne Rücksicht darauf, ob das Recht auf Erstqualifizierungsrecht ausgeübt worden sei oder ob diese E-Mails überhaupt von steuerlicher Relevanz seien. Eine Verpflichtung zum Führen bzw. zur Aufbewahrung eines solchen Gesamtjournals könne nach Ansicht des Gerichts aber weder § 200 AO noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung im Sinne der §§ 238 ff. HGB oder den §§ 140 ff. AO entnommen werden.
Das Gericht hat die Revision zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
FG Hamburg, Mitteilung vom 04.10.2023 zum Urteil 2 K 172/19 vom 23.03.2023 (nrkr - BFH-Az.: XI R 15/23)