13.09.2023
Gefährliches Überholmanöver: Porsche zu Recht von Polizei sichergestellt
Die Polizei durfte ein Fahrzeug nach einem gefährlichen Überholmanöver aufgrund der besonderen Umstände des Falles zur Gefahrenabwehr sicherstellen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in einem Eilverfahren entschieden.
Der Ehemann der Antragstellerin befuhr mit deren Porsche eine Bundesstraße. In der Gegenrichtung war ein Funkstreifenwagen unterwegs. Die Polizeibeamten beobachteten, wie der Porsche als hinterstes von fünf ihnen entgegenkommenden Fahrzeugen zunächst einen vor ihm fahrenden Pkw überholte und danach nicht wieder einscherte, obwohl er nur noch circa 200 bis 250 Meter von ihrem Fahrzeug entfernt war. Vielmehr fuhr er mit gleichbleibend hoher Geschwindigkeit auch an einem zweiten Fahrzeug (einem Kastenwagen) vorbei.
Um eine Frontalkollision zu vermeiden, bremste der Fahrer des Funkstreifenwagens ab und lenkte das Auto nach rechts an den Fahrbahnrand, um Platz zu schaffen. Der Porsche fuhr währenddessen an dem Kastenwagen vorbei und wechselte etwa 15 Meter vor dem bereits stehenden Funkstreifenwagen zurück auf die eigene Fahrbahn. Beim Wiedereinscheren mussten die beiden überholten Wagen ebenfalls bremsen, um eine Kollision zu vermeiden.
Noch während des Passierens des Funkstreifenwagens startete der Fahrer erneut einen Überholvorgang und überholte einen dritten Pkw. Die an dem Vorfall beteiligten Polizeibeamten verfolgten den Fahrer, kontrollierten ihn und stellten dann den Porsche zur Gefahrenabwehr sicher. Weiter wurde ihm die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und die Beschlagnahme des Führerscheins eröffnet.
Gegen die Sicherstellung legte die Antragstellerin Widerspruch ein und suchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach. Das VG lehnte den Eilantrag ab. Die Polizei könne eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Diese Voraussetzungen seien gegeben gewesen. Im Zeitpunkt der Sicherstellung hätten ausreichende Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Ehemann der Antragstellerin mit dem Porsche in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Verkehrsverstöße begehen werde.
Die gegen den Beschluss des VG eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hatte keinen Erfolg. DAs OVG teilt die Auffassung des VG, die Aussagen der beiden an dem Vorfall beteiligten Polizeibeamten sowie der weiteren Zeugen ließen allein den Schluss zu, dass der Ehemann der Antragstellerin bei seinem Überholvorgang rücksichtslos und grob verkehrswidrig gehandelt und damit die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt habe.
Der Ansicht der Antragstellerin, eine Gefahrensituation habe bei Erlass der Sicherstellungsanordnung deshalb nicht bestanden, weil ihrem Ehemann zu diesem Zeitpunkt die Fahrerlaubnis bereits vorläufig entzogen worden sei, könne nicht gefolgt werden. Zwar bestehe kein allgemeiner Erfahrungssatz, wonach ein von der Polizei ertappter Verkehrssünder sich generell unbelehrbar zeige und von den ihm angedrohten Bußgeldern, Fahrverboten und Punkten unbeeindruckt bleibe. Einen solchen habe aber das VG nicht angenommen, sondern auf die besonderen Umstände des Einzelfalls und hierbei auf das konkrete Verhalten des Ehemanns der Antragstellerin abgestellt.
Dabei sei es zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die handelnden Polizeibeamten aufgrund seines Verhaltens davon ausgehen durften, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht ausreiche, um einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch weitere erhebliche Verkehrsverstöße des Ehemanns mittels des Porsches zu begegnen. Denn dieser habe sich von seinem grob verkehrswidrigen, mehrere Verkehrsteilnehmer erheblich gefährdenden Verhalten völlig unbeeindruckt gezeigt. Er habe trotz der ihm von den handelnden Polizeibeamten vor Augen geführten Gefährlichkeit seines Überholmanövers jedwede Einsicht vermissen lassen.
So habe er gegenüber den Polizeibeamten angegeben, der ihm aufgrund des Überholmanövers eröffnete Vorwurf der Gefährdung des Straßenverkehrs wegen groben Fehlverhaltens beim Überholen sei lächerlich. Es sei schließlich nichts passiert. Diese Interpretation der Geschehnisse lasse völlig außer Acht, dass sein äußerst gefährlicher Überholvorgang augenscheinlich nur deshalb keine Kollision mit den übrigen Verkehrsteilnehmern zur Folge gehabt habe, weil sowohl der Polizeibeamte als auch die beiden Zeugen diese durch geistesgegenwärtiges Abbremsen beziehungsweise Ausweichmanöver verhindert hätten.
Das fehlende Einsichtsvermögen des Ehemanns der Antragstellerin werde noch unterstrichen durch seine weitere Angabe gegenüber den Polizeibeamten, er habe bereits zwei Millionen Kilometer Fahrstrecke ohne Zwischenfälle absolviert, sodass ein Fehler seinerseits völlig ausgeschlossen sei. Dies gelte umso mehr, als gegen ihn auch in der Vergangenheit schon wegen Nötigung und Beleidigung im Straßenverkehr ermittelt worden sei.
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.08.2023, 7 B 10593/23.OVG