13.09.2023
Zweckentfremdung von Wohnraum: Stadt München unterliegt vor Bayerischem Verfassungsgerichtshof
Die Stadt München ist mit einer Popularklage zum Zweckentfremdungsgesetz (ZwEWG) gescheitert. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) wies die Klage als unzulässig ab, ohne in die inhaltliche Prüfung einzusteigen.
Nach dem ZwEWG kann die Zweckentfremdung von Wohnraum in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt genehmigungsfähig sein, wenn Ersatzwohnraum zur Verfügung gestellt wird. In einer Satzung von 2017 hatte die Stadt München festgelegt, welche Anforderungen an den Ersatzwohnraum zu stellen sind: Vermieteter Wohnraum sollte nur durch Mietwohnraum ersetzt werden dürfen. Die Miethöhe sollte sich dabei an der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem jeweils gültigen Mietspiegel für München orientieren müssen.
Diese Regelung der Münchener Satzung erklärte der Verwaltungsgerichtshof Bayern in einem Normenkontrollverfahren wegen Verstoßes gegen die Vorgaben des ZwEWG für unwirksam.
Mit ihrer Popularklage wollte die Stadt nun erreichen, dass der BayVerfGH die Vorschrift im ZwEWG zum Ersatzwohnraum nur in der Auslegung für verfassungsgemäß erklärt, dass Ersatzwohnraum für Mietwohnraum nur anderer, hinsichtlich der Miethöhe vergleichbarer Wohnraum ist. Ein Hilfsantrag zielte darauf ab, die Vorschrift "hinsichtlich der unterlassenen Regelung zur Konkretisierung des Ersatzwohnraums" für verfassungswidrig zu erklären.
Der BayVerfGH erachtete beide Anträge für unzulässig. Die Stadt habe keinen möglichen Grundrechtsverstoß dargelegt. Der angeführte Anspruch auf eine angemessene Wohnung gewährleiste kein subjektives Recht. Auch mit dem Vortrag, die Sozialbindung des Eigentums sei missachtet worden, rüge die Stadt keine Verletzung eines Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts.
Einen Verstoß gegen das grundrechtsähnliche Recht der kommunalen Selbstverwaltung könne die Stadt zwar grundsätzlich im Popularklageverfahren geltend machen. Eine Verletzung dieses Rechts habe sie aber nicht substantiiert dargelegt. Denn durch das 2009 in Kraft getretene ZwEWG seien ihr keine Rechte genommen worden. Im Gegenteil seien Gemeinden mit Wohnraummangel mit der Ermächtigung, Zweckentfremdungssatzungen zu erlassen, überhaupt erst Handlungsoptionen eingeräumt worden, um ihr Gesamtwohnraumangebot zu erhalten.
Der mit dem Hilfsantrag gerügte Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip betreffe wiederum objektives Verfassungsrecht, auf dessen Verletzung eine Popularklage für sich allein nicht gestützt werden könne.
Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Beschluss vom 24.08.2023, Vf. 38-VII-21