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19.11.2025

Verdeckte Gewinnausschüttung an Alleingesellschafter: Mit null Euro zu bewerten

Die Übertragung eigener Anteile einer GmbH an den (faktischen) Alleingesellschafter ist eine verdeckte Gewinnausschüttung. Sie ist aus Sicht des Alleingesellschafters jedoch mit null Euro zu bewerten. Das stellt das Finanzgericht (FG) Münster klar.

Die Klägerin ist eine GmbH, an der der Gesellschafter-Geschäftsführer C zu 1/3 beteiligt war. Nachdem die GmbH im Jahr 2015 die Anteile der Mitgesellschafter von C erworben und danach als eigene Anteile gehalten hatte, übertrug sie diese im Jahr 2016 wiederum auf C.

Das Finanzamt meinte, die Anteilsübertragung habe zu einer verdeckten Gewinnausschüttung an C geführt, die anhand des Substanzwertes der Klägerin zu bewerten sei, sodass Kapitalertragsteuer hierauf anfalle. Die GmbH war hingegen der Auffassung, C keinen Vermögensvorteil zugewendet zu haben.

Das FG hat ihrer Klage stattgegeben. Zwar liege dem Grunde nach eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Denn C habe durch die Anteilsübertragung ein veräußerbares Wirtschaftsgut erhalten, das er zuvor nicht gehabt habe. Da die Klägerin dieses Wirtschaftsgut auch nicht unentgeltlich einem Dritten überlassen hätte, habe der Anlass dafür im Gesellschaftsverhältnis gelegen.

Die zugewandten Wirtschaftsgüter hätten für C jedoch keinen Wert. Zwar habe der Bundesfinanzhof (BFH) in früheren Entscheidungen mehrfach entschieden, dass die Übertragung eigener Anteile auf einen Gesellschafter bei diesem zu einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe des gemeinen Werts der Anteile führe. In seiner jüngeren Entscheidung vom 13.05.2025 (VIII B 33/24) habe er demgegenüber offengelassen, wie ein solcher Vorteil beim Gesellschafter zu bewerten sei, und ausgeführt, dass er es grundsätzlich für nachvollziehbar halte, dass der Alleingesellschafter einer GmbH durch den Erwerb zuvor von der GmbH gehaltener Anteile nichts Substantielles hinzugewonnen habe, da er bereits vor der Übertragung (faktisch) Alleingesellschafter gewesen sei.

Nach Auffassung des FG Münster ist den besonderen rechtlichen Gegebenheiten, die den Wert der eigenen Anteile prägen, Rechnung zu tragen, sodass der Vorteil jedenfalls im Streitfall mit null Euro zu bewerten sei. Mit Blick auf das Gebot der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit müsse Berücksichtigung finden, wenn sich ein aus Sicht eines fiktiven objektiven Empfängers werthaltiges Wirtschaftsgut ausnahmsweise für den tatsächlichen Empfänger als wertlos (oder weniger werthaltig) darstelle, weil er es in seiner Situation nicht oder nur geringfügig wirtschaftlich nutzen und verwerten könne. Dies sei der Fall gewesen. Die Position von C habe sich weder rechtlich-wirtschaftlich (im Verhältnis zur Klägerin, zu deren Geschäftspartnern sowie zu Dritten) noch steuerrechtlich durch den Anteilserwerb in einer Weise verändert, die es gebieten würde, den erworbenen Anteilen einen Wert beizumessen.

Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen.

Finanzgericht Münster, Urteil vom 29.10.2025, 9 K 1180/22 Kap, nicht rechtskräftig